Elon Musks Neurotechnologiefirma Neuralink hat erstmals ihr Gehirnimplantat bei einem Menschen eingesetzt. Der Patient erhole sich gut vom Eingriff, teilte der Techmilliardär auf seiner Online-Plattform X mit. SRF-Wissenschaftsredaktorin Katharina Bochsler beantwortet die wichtigsten Fragen zu Neuralinks Implantaten.
Was können die Gehirnimplantate von Neuralink?
Ziel des Neuralink-Projekts namens «Telepathy» ist es, dass ein Mensch allein mit seinen Gedanken einen Computer oder ein Smartphone bedienen können soll. Davon sollen gelähmte Menschen dereinst profitieren.
Damit ist Elon Musks Start-up allerdings nicht allein. Viele Teams weltweit forschen an Gehirnimplantaten. Konkret sollen die Implantate den Wunsch eines Menschen übersetzen, wenn er selbst nicht mehr sprechen, schreiben oder gehen kann. Im Gegensatz zu Elektroden, die auf der Schädeldecke angebracht werden, sind Implantate elektronische Chips, die ins Gehirn «eingepflanzt» werden. Es geht also um invasive Eingriffe an einem sehr empfindlichen Organ.
Das Produkt von Neuralink wird in eine Gehirnregion verpflanzt, wo die Planung von Bewegungsabläufen stattfindet. Dieses übersetzt das Erregungsmuster in diesem Areal und leitet die Information an einen Computer weiter. Ob das Implantat aber beim aktuellen Patienten tut, was es soll, darüber hat Musk noch nicht informiert.
Wo sollen die Neuroimplantate zur Anwendung kommen?
Es geht vor allem um Bewegungsabläufe, die ein Mensch nicht mehr selbst ausführen kann. Das ist beispielsweise bei Patientinnen und Patienten mit einer Verletzung des Rückenmarks oder nach einem Hirnschlag der Fall. Hier sollen Gehirnimplantate wie eine Brücke funktionieren, indem die betroffene Person beispielsweise einen Buchstaben «denkt», der Computer diesen erkennt und dann schreibt.
Mit einfachen Elektroden, die schwachen Strom aussenden, um gewisse Hirnareale zu aktivieren, konnten Forschungsteams bereits Erfahrungen machen. Diese Technik wird unter anderem erfolgreich bei Menschen mit Parkinson oder schweren Depressionen eingesetzt.
Wie weit ist die Forschung bei Gehirnimplantaten?
Es gibt durchaus Erfolge, aber marktreif sind die komplexeren Neuroimplantate noch nicht. In den vergangenen Monaten hat es jedoch einige Durchbrüche gegeben, die aufhorchen lassen. Ein US-amerikanisches Forscherteam hat einen Algorithmus trainiert, der neuronale Muster einzelner Buchstaben und Satzzeichen erkennt. So konnte ein Mann, der vom Hals abwärts gelähmt ist, auf seinem Computer mittels gedachter Buchstaben gleich schnell schreiben wie ein gesunder Mensch auf dem Handy – Fehlerkorrektur inklusive. Ähnliches gelang Forschenden in Stanford mit einer Gehirn-Computer-Schnittstelle im Gehirn, die das Sprechen ermöglicht.
Der ETH Lausanne (EPFL) gelang es vor einigen Monaten, dass ein querschnittsgelähmter Patient mit zwei Gehirnimplantaten und zusätzlichen Elektroden im Rückenmark wieder laufen kann. Der Betroffene kann mit diesen Implantaten unterdessen etwa 200 Meter gehen.
Wie unterscheidet sich Neuralink von der Konkurrenz?
Neuralink ist momentan nichts Besonderes. Es gibt genug Konkurrenz, vor allem auch mit längerer Erfahrung.
Brisant ist, dass Musk Besitzer eines sozialen Netzwerks und Chef eines Neurotechnologie-Unternehmens ist. Das ist eine heikle Konstellation und es gibt Ethikerinnen und Ethiker, die davor warnen, dass Musk anhand der Daten der X-Nutzerinnen und -Nutzern invasive Neurotechnologien entwickeln könnte.