- Gegen die geplante EU-Reform des Urheberrechts laufen Kritiker bereits seit langem Sturm.
- Jetzt schliessen sich die Macher der deutschen Wikipedia-Internetseite den Protesten an und gehen dazu einen drastischen Schritt: Sie schalten das Online-Lexikon für einen Tag komplett ab.
Am 21. März wird die Internet-Enzyklopädie nicht erreichbar sein, lautet der Beschluss der Autoren. Statt gewünschter Artikel werden die Hilfesuchenden an diesem Tag einen Hinweis zu sehen bekommen , der die Probleme des neuen Urheberrechts benennt. Über das neue Urheberrecht stimmt Ende März das Europaparlament ab.
Scharf kritisiert der Diplom-Informatiker Henning Tillmann die EU-Reform. «Das Gleichgewicht zwischen Kreativen beziehungsweise Urhebern, Plattformen, Nutzern und Verwertern erhält dadurch eine massive Unwucht zugunsten der Verwerter und der grossen Internet-Player. Die vorliegende Reform wird die wenigen Starken stärker machen und den Rest weiter schwächen», resümiert er.
Auch kleine Websites betroffen
Vor allem an Artikel 13 des Reformwerks lässt der Co-Vorsitzende des netzpolitischen Vereins «D64 – Zentrum für Digitalen Fortschritt» kaum ein gutes Haar: «Einfach zusammengefasst, fordert er fast alle Anbieter von Websites, auf denen man urheberrechtlich geschützte Werke hochladen kann, mit quasi allen Lizenzanbietern von Inhalten Verträge abzuschliessen.»
Da dies in der Praxis unmöglich zu leisten sei, müsse sichergestellt werden, dass urheberrechtlich geschütztes Material nicht hochgeladen und veröffentlicht werden kann. Dies aber, so Tillmann weiter, könne «technisch nur durch eine Filterung sichergestellt werden». Dies betreffe aber nicht nur grosse Anbieter wie YouTube, «sondern auch Koch-Websites, Datingportale oder kleinere Foren». Diese kleinen Anbieter könnten aber weder Lizenzverhandlungen mit allen Inhalteanbietern abschliessen und «erst recht keine technisch aufwändigen Uploadfilter programmieren».
«Starke werden stärker, der Rest noch schwächer»
Google hingegen, so der Informatiker weiter, könnte seine Uploadfilter, «die sie bereits unter dem Namen Content-ID mehr schlecht als recht auf YouTube einsetzen, gewinnbringend lizenzieren» – und damit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: «Die Kontrolle über die Inhalte und dessen Filterung gewinnen und gleichzeitig massive Geldeinnahmen von kleineren und mittelgrossen Plattformen generieren». Fazit von Software-Entwickler Tillmann: «Die wenigen Starken würden so noch stärker und der Rest noch schwächer».