Der Aufreger: Mesut Özil und sein Nationalmannschaftskollege Ilkay Gündogan haben sich vom türkischen Präsidenten Recep Tayip Erdogan vor den Karren spannen lassen. Als dieser am Wochenende in England zu Besuch war, hat er die beiden Spieler, die bei englischen Spitzenvereinen unter Vertrag stehen, getroffen. Dabei haben sie ihm Trikots ihrer Vereine FC Arsenal und Manchester City überreicht. Das Trikot von Gündogan trug die Aufschrift: «Mit grossem Respekt für meinen Präsidenten». Mit von der Partie war auch der türkische Nationalstürmer Cenk Tosun.
Die Reaktionen: Ein Blick auf Twitter zeigt, dass viele der Meinung sind, dass Özil und Gündogan nicht an die kommende WM nach Russland fahren sollten. Bundestrainer Joachim Löw gab am Dienstag sein WM-Kader bekannt. Sowohl Özil als auch Gündogan sind dabei.
Der Präsident des Deutschen Fussballbundes DFB, Reinhard Grindel, wies seine beiden Spieler gestern zurecht. So schrieb er in einer Folge von Tweets, der DFB respektiere die besondere Situation der Spieler mit Migrationshintergrund. Aber der Fussball und der DFB würden für Werte stehen, die von Erdogan nicht hinreichend beachtet würden. Daher sei es nicht gut, wenn sich Spieler für Wahlkampfmanöver missbrauchen liessen.
Das Thema beschäftigt auch Politiker: Die Vorsitzende der AfD-Fraktion im Bundestag, Alice Weidel, sagte gegenüber der ARD: «Özil ist ein Produkt einer gescheiterten Integration.» Er weigere sich schon seit Jahren, die deutsche Nationalhymne mitzusingen. «Da muss man ihn ganz klar vor die Wahl stellen, ob er nicht für die türkische Nationalmannschaft spielen möchte.» Allerdings dürfen diese beiden Spieler der deutschen Nationalmannschaft gar nicht mehr für die Türkei spielen – das würde gegen die Regeln der FIFA verstossen.
Sie haben sich für eine billige Propagandashow hergegeben.
Auch vom ehemaligen Präsidenten der Grünen, Cem Özdemir, der selber türkische Wurzeln hat, kommt Kritik. Dem Sportinformationsdienst SID sagte er: «Sie haben sich für eine billige Propagandashow hergegeben, für einen Despoten, für einen autoritären Herrscher, der offensichtlich Angst hat, faire Wahlen in der Türkei zu verlieren und sich jetzt hinter Fussballspielern verstecken muss.»
Das sagt einer der Spieler: Gündogan lässt sich in einer Erklärung zitieren, es sei nicht seine Absicht gewesen, «mit dem gemeinsamen Bild mit Erdogan ein politisches Statement abzugeben, geschweige denn Wahlkampf zu machen». Am 24. Juni finden in der Türkei vorgezogene Neuwahlen statt. Sie hätten sich – trotz berechtigter Kritik – für die «Geste der Höflichkeit entschieden». Als deutsche Nationalspieler würden sich er und Özil aber zu den Werten des DFB bekennen.
Rückendeckung vom Teammanager: Oliver Bierhoff, Chef der Nationalmannschaft, sagte seinerseits, er habe «keine Zweifel an Mesuts und Ilkays klarem Bekenntnis, für Deutschland spielen zu wollen und sich mit unseren Werten zu identifizieren». Sie seien «sich der Symbolik und Bedeutung dieses Fotos nicht bewusst» gewesen, so Bierhoff weiter, aber «natürlich heissen wir die Aktion nicht gut und besprechen das mit ihnen».