Die sozialen Medien quellen über mit Nachrichten zum neuartigen Corona-Virus und der von ihm ausgelösten Krankheit Covid-19. Doch viele News sind Fake-News, wie die WHO beklagt. Warum das ein grosses Problem ist, weiss SRF-Wissenschaftsredaktorin Katrin Zöfel.
SRF News: Wie gross ist das Problem der Fake-News rund um das Corona-Virus und Covid-19?
Katrin Zöfel: Es ist riesig. Wenn man bei Twitter mit #covid19 eine Suche startet, sind vielleicht 95 Prozent des Suchergebnisses Fake-News, Verschwörungstheorien und Gerüchte. Gleichzeitig ist Twitter aber auch die beste Quelle, um auf dem Laufenden zu bleiben, was die neusten seriösen Erkenntnisse rund um das Corona-Virus angeht. Für den User ist dabei wichtig, den anerkannten Fachleuten und Expertinnen direkt zu folgen – und nicht Twitter per Hashtag-Suche zu durchforsten.
Haben die Fake-News in den sozialen Medien bei der aktuellen Corona-Virus-Epidemie eine neue Qualität gegenüber früheren, ähnlichen Krankheitsausbrüchen?
Tatsächlich sagen Journalistinnen und Journalisten, die seit längerem über Epidemien berichten, dass es noch nie so schlimm war, wie diesmal. Jeder von ihnen abgesetzte Post wird von Trollen beantwortet, jede seriöse Information umgehend in Zweifel gezogen. Viele Journalisten beklagen sich inzwischen darüber, dass sie viel zu viel Zeit aufwenden müssten, um sich um solche Fake-News zu kümmern.
Wieso sind Fake-News im Zusammenhang mit einer Epidemie besonders problematisch?
Wenn es darum geht, eine Epidemie einzudämmen ist das Wichtigste: Information. Nur so können sich die Menschen den Empfehlungen entsprechend verhalten. Ihr Verhalten aber entscheidet mit darüber, ob und wie sich ein Virus ausbreitet oder nicht.
Die Leute brauchen seriöse Informationen.
Die Leute müssen also seriös darüber informiert werden, was die Ausbreitung des Virus verhindert oder befördert. Wenn die WHO oder andere Fachleute mit ihren Informationen aber nicht mehr durchdringen, weil gleichzeitig sehr viele Falschinformationen kursieren, ist das schlimm.
Welche Rolle spielt bei der ganzen Information über das Corona-Virus die Informationspolitik der chinesischen Regierung?
Es hilft nicht gerade, dass man durchaus den Eindruck haben kann, die chinesische Regierung sage nicht alles, was sie weiss. So verkündete ein Blogger zu Beginn der Epidemie, er habe Informationen über die wahren Infektionszahlen, die viel höher seien als offiziell bekannt gegeben. Wenn man sich jedoch etwas mit der Materie auskannte, fand man schnell heraus, dass die Zahlen längst bekannt waren und auf einer Schätzung von Londoner Forschern beruhten. Vor dem Hintergrund, dass sich die chinesische Regierung etwas undurchsichtig verhielt, konnte sich der Blogger mit seiner Fake-News aber aufspielen.
Das Fake-News-Problem gäbe es auch, wenn Peking ganz genau informieren würde.
Für die Menschen gerade in China kommt noch hinzu, dass sie viel stärker als wir in der Schweiz auf Informationen aus sozialen Netzwerken angewiesen sind. Das heizt das Ganze noch an. Allerdings gäbe es das Problem wahrscheinlich auch dann, wenn die chinesische Regierung sehr genau informieren würde. Fake-News sind einfach ein Phänomen unserer Zeit.
Das Gespräch führte Nina Gygax.