Es wurde auf Titelseiten abgebildet und hat weltweit für Aufsehen gesorgt: Das weinende Flüchtlingsmädchen Yanela wurde vergangenen Juni zum Symbol für die Nulltoleranz-Politik der Regierung Trump. Medien berichteten, wie tausende Kinder getrennt von ihren Eltern untergebracht wurden. Solche Bilder wie jenes von Yanela trugen dazu bei, dass die öffentliche Empörung wuchs. Wenig später beendete der US-Präsident die Familientrennungen.
Doch Yanela gehörte gar nicht zu jenen Tausenden von Kindern, die 2018 durch die US-Grenzpolizei von ihren Eltern getrennt wurden. Nach einer angeblichen Flucht aus Honduras und auf einem Floss über den Rio Grande wurde die Mutter des Mädchens von Polizisten durchsucht. Dafür musste sie ihre Tochter absetzen, worauf diese zu weinen begann. Diesen Augenblick hielt Fotograf John Moore fest. Obwohl Yanela anschliessend gemeinsam mit ihrer Mutter in ein Aufnahmezentrum gebracht wurde, wurde das Bild zum Symbol der Familientrennungen an der US-Grenze. Der tatsächliche Kontext wurde erst später bekannt.
Fake News oder symbolisches Abbild der Realität?
Schändlich sei das Bild, twitterte darauf Donald Trumps Sprecherin Sarah Sanders. Ausgerechnet in Zeiten, in denen sich die Medien ganz besonders in den USA täglich gegen Fake-News-Vorwürfe zur Wehr setzen müssen.
Die World Press Photo Jury bewertete das Bild freilich anders. Dem Fotografen sei es damit gelungen, eines der wichtigsten Themen des Jahres bildlich einzufangen, heisst es zur Begründung.
«Aber das Bild steht symbolisch für das was dort passiert ist», pflichtet Swiss-Press-Photo-Präsident Bernhard Giger bei. «Die Situation ist genau so passiert.» Bilder, von denen man nicht genau weiss, wie exakt sie einer bestimmten Situation entsprechen, habe es immer gegeben. Deshalb sei die Auszeichnung legitim.