Wer ein angeschlagenes Moor retten will, darf nicht zimperlich sein. Um die ursprüngliche Landschaft wieder instand zu setzen, müssen schon mal Bäume weichen. «Dies Spaziergängerinnen und Spaziergängern zu erklären, ist manchmal schwierig», sagt Ellie Lawson von der schottischen Umweltbehörde «Nature Scot».
Viele Bäume zusammen trocknen ein Moor aus.
Doch ein Baum sauge Wasser aus dem Moorboden und schwitze es über seine Blätter aus. «Viele Bäume zusammen trocknen deshalb ein Moor aus – und ein trockenes Moor stirbt.»
Sphagnum, der heimliche Star im Moor
Ellie Lawson führt zum «Flanders Moss», einem der grössten Hochmoorgebiete Europas. Es liegt etwa 30 Kilometer nördlich von Glasgow. Eine weite Ebene sticht ins Auge. Grüne, rötliche, gelbe und braune Farben fliessen ineinander; kaum eine Pflanze ist höher als ein halber Meter.
Ellie Lawson geht zu einem Tümpel mit rotbraunen Wasser ein paar Meter weiter, holt einen leuchtend hellgrünen Pflanzenballen heraus und drückt ihn aus. Das feine Torfmoos, Sphagnum genannt, ist der heimliche Star im Moor. Das Torfmoos saugt Wasser auf wie ein Schwamm – bis zum Achtfachen seines Gewichts. So bleibt der Moorboden nass.
Torfmoos wächst langsam in die Höhe. Das alte Moor darunter stirbt ab und säuert dabei das Wasser an. Wegen dieser Säure verrottet die tote Pflanze nur teilweise. Und so schichtet sich das tote Moos nach und nach auf. Das Resultat: Torf.
7000 Jahre für 7 Meter dicken Torf
Lawson klettert auf einen Aussichtsturm am Rande des Moores. Dieser sei sieben Meter hoch, sagt sie. So hoch, wie der Torf von «Flanders Moss» dick sei. Um diese dicke Schicht zu bilden, brauchte das Torfmoos Sphagnum 7000 Jahre.
Das Moor ist eine tickende Zeitbombe fürs Klima.
Enorm viel Kohlenstoff sei hier gespeichert, schätzungsweise drei Millionen Tonnen. «Eine tickende Zeitbombe fürs Klima», erklärt Ellie Lawson. Denn: Ein Drittel der Fläche Schottlands besteht aus Mooren. Und 80 Prozent davon seien beschädigt und stiessen grosse Mengen an Treibhausgasen aus – etwa zehn Prozent der CO₂-Emissionen Schottlands. Moore sind damit die zweitgrösste Quelle im Land. Die grösste ist der Transportsektor.
Bauern verwandelten «Flanders Moss» in Weideland
Auch «Flanders Moss» hat zerstörerische Zeiten erlebt. Es war einst weitaus grösser als heute, bis Bauern den Torf abstachen, um Äcker oder Weideland zu gewinnen. Den Torf kippten sie in den nahen Fluss. Später wurde ein verzweigtes Grabensystem angelegt, um das Moor zu entwässern und Wald zu pflanzen.
Um 1940 war in der Nähe ein Elektrizitätswerk geplant, das mit Torf betrieben werden sollte. Und noch in den 1980ern wurde eine Lizenz zum Torfabbau für Gartenerde vergeben.
Doch stattdessen übernahm «Nature Scot» das Moor und begann es zu sanieren. Damals noch nicht aus Sorge ums Klima, sondern um diesen Naturraum zu erhalten.
Renaturierung braucht seine Zeit
Die wichtigste Therapie, um ein Moor zu heilen, ist simpel: Die Drainage-Kanäle werden mit Barrieren aus Torf oder Kunststoff verbarrikadiert, das Wasser so gestaut und der Aufbau durch Mooswachstum kann beginnen. Sehr langsam, um einen Millimeter pro Jahr.
Zuerst wird so die Bildung von Treibhausgasen gestoppt und später beginnt das Moor sogar wieder CO₂ aus der Luft aufzunehmen. Moorböden speichern pro Fläche doppelt so viel Kohlenstoff wie ein Wald.
Dies will Schottland im grossen Stil nutzen. Die Regierung investiert 300 Millionen Franken in die Moore und will so die CO₂-Emissionen des Landes um zwei Prozent senken. Folgten andere Länder diesem Beispiel, würde das Klima stark davon profitieren. Alles dank Sphagnum, dem unscheinbaren Torfmoos.