Darum geht es: Auch wenn derzeit immer noch rund 18'000 Personen in einem Heroin- oder Heroinersatz-Abgabeprogramm sind: «Heroin wird heute als Droge der Verlierer gesehen – das entspricht nicht mehr dem Zeitgeist», sagt der Drogenexperte Frank Zobel, Vizepräsident von Sucht Schweiz. Ganz anders war es in den 1980er- und 1990er-Jahren. Damals wurde die Drogenproblematik in der Schweiz beherrscht von Heroinsüchtigen. Die Bilder von offenen Drogenszenen wie jener am Platzspitz in Zürich gingen um die Welt. Hunderte Junkies hielten sich dort an manchen Tagen auf, um an den Stoff zu kommen und ihn öffentlich in ihre Venen zu spritzen. Die Schweiz beklagte mehrere Hunderte Drogentote pro Jahr durch Heroin, das Elend der Betroffenen war riesig.
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Diese Drogen sind «in»: Heute dominieren andere Substanzen. Cannabis, Kokain, und Ecstasy sind die aktuell die am meisten konsumierten illegalen Drogen in der Schweiz. «Man konsumiert Stimulanzien, die Energie geben und mit denen man länger feiern kann», weiss der Drogenexperte Zobel. Dabei werde mehr Cannabis konsumiert als alle anderen illegalen Drogen zusammen. Zur grossen Beliebtheit trage die weltweite Cannabis-Legalisierungswelle bei. So ist die Droge inzwischen in Kanada, Uruguay und 19 US-Bundesstaaten für erwachsene Personen völlig legal erhältlich und konsumierbar. «In den nächsten Jahren wird Cannabis auch hier eine legale Droge werden – die Frage ist bloss, wie man die Droge reguliert», sagt der Drogenexperte.
Darum ist Vorsicht geboten: Illegaler Drogenkonsum ist keineswegs unproblematisch. So wird in der Schweiz etwa vergleichsweise viel Kokain konsumiert. Das zeigen Abwasseruntersuchungen in den Städten. «Etwa 20 Prozent der Konsumenten haben einen sehr regelmässigen und damit gefährlichen Konsum», sagt Zobel. Das führe zu gesundheitlichen Problemen – aber auch zu sozialen Problemen im Zusammenhang mit der Sucht. «Ihre soziale Situation verschlechtert sich rasch, weil sie all ihr Geld ins Kokain stecken.» Der Vizepräsident von Sucht Schweiz sieht in diesen Fällen eine grosse Herausforderung. So stelle sich etwa die Frage, wie man frühzeitig mit diesen Menschen in Kontakt kommen kann, um ihnen bei einem Ausstieg aus der Sucht zu helfen.
Deshalb ist kein Ende in Sicht: «Weltweit werden viel mehr Drogen produziert als vor 30 Jahren», weiss Zobel. Nicht nur werden in Afghanistan mehr Mohn oder in Südamerika mehr Koka angepflanzt, es gibt auch immer mehr illegale Drogenlabore in Asien oder Europa zur Herstellung immer neuer chemischer Drogen. Die Verfügbarkeit der illegalen Substanzen wird immer einfacher – auch wegen des Internets – und die Preise sinken tendenziell. «Eine Dosis Drogen kostet in der Schweiz weniger als ein Kinoeintritt», stellt der Drogenfachmann fest. Zudem habe sich der Drogenkonsum normalisiert. «Der Drogenkonsum findet immer öfter im Alltag der Menschen statt – sei es bei Partys oder am Abend.»