Hoffnungsschimmer im bayerischen Höhlendrama: Dem in rund 1000 Meter verunglückten Forscher in der nur schwer zugänglichen «Riesending-Schachthöhle» geht es nach Angaben der Bergwacht etwas besser als befürchtet.
Er sei ansprechbar, kreislaufstabil und könne mit Hilfe kurzzeitig stehen, sagte ein Bergwacht-Sprecher in Marktschellenberg im Landkreis Berchtesgadener Land. Es werde trotzdem voraussichtlich fünf bis sechs Tage dauern, den 52-Jährigen zu retten.
Der erfahrene Forscher aus Stuttgart war mit zwei Begleitern am frühen Sonntagmorgen in der Höhle unter dem Untersberg an der Grenze zu Österreich in einen Steinschlag geraten und verletzte sich dabei am Kopf.
Während einer seiner Kollegen bei ihm blieb, stieg der andere nach oben, um Hilfe zu holen. Dafür brauchte er zwölf Stunden. Die «Riesending-Schachthöhle» ist die grösste und tiefste Höhle Deutschlands. In ihr gibt es fast senkrecht abfallende tiefe Kamine, enge Gänge und wasserführende Canyons.
Auch Schweizer Rettungsteam vor Ort
An der Rettung des Mannes beteiligen sich Experten aus mehreren Ländern. Neben Höhlenrettern aus Deutschland waren auch Spezialisten aus Österreich, Italien und der Schweiz vor Ort.
Vier Experten aus der Schweiz waren bereits am Montagabend in Bayern eingetroffen. Weitere vier wurden am Dienstagabend am Unfallort erwartet. Ein drittes Team mit sechs Schweizer Rettern sollte am Mittwoch folgen, wie Constanze Bonardo vom Schweizerischen Institut für Speläologie und Karstforschung (SISKA) in La Chaux-de-Fonds sagte.
Ein internationales Rettungsteam mit vier Schweizer Spezialisten stiess zum Verletzten in der Höhle vor. Es installierte ein Kommunikationssystem, sodass nun laufend Kontakt zu den Einsatzkräften unter Tage besteht. Ein weiteres Team, zu dem ein höhlenerfahrener Arzt gehört, befand sich demnach mit Medikamenten, Ausrüstung und Nahrungsmitteln auf dem Weg zur Unglücksstelle.
Bergung in Etappen
Die Rettungsmannschaften planen, den Verletzten in mehreren Etappen nach oben zu bringen. Sie haben dafür in der verwinkelten Höhle auf unterschiedlichen Ebenen fünf Biwakstationen eingerichtet, an denen sie rasten können. «Wenn wir eine Etappe pro Tag schaffen, ist das, denke ich, eine gute Leistung», sagte der Bergwacht-Sprecher.
Die Arbeit sei sehr anstrengend und gefährlich. Die Teams müssten untertage daher ständig ausgewechselt werden. Die Distanz zum Verletzten beträgt rund sechs Kilometer.
Die tiefen Schächte und Canyons der Höhle können nur von sehr erfahrenen Experten mit Bergsteigerausrüstung durchklettert werden. Einige Stellen des unterirdischen Labyrinths sind nach Angaben der Bergwacht so schmal, dass eine schlanke Person gerade hindurchpasst. Zudem gibt es dort unterirdische Bäche. In den Schächten und Gängen drohen grosse Gefahren durch Wasser und Steinschlag.
Erst vor wenigen Jahren entdeckt
Der Eingang der «Riesending-Schachhöhle» war 1995 entdeckt worden. Die Dimensionen der unterirdischen Welt kamen aber erst Jahre später ans Licht.
2002 befassten sich die Mitglieder einer Vereinigung von baden-württembergischen Höhlenforschern, zu denen auch der nun Verunglückte gehörte, erstmals näher mit ihr. Dabei stellten sie fest, wie gross und tief diese ist. Bis zum heutigen Zeitpunkt wurden 19,2 Kilometer Ganglänge bis in eine Tiefe von 1148 Metern unter dem Eingang vermessen.
Die Bezeichnung «Riesending» soll auf den erstaunten Ausruf «Das ist ja ein Riesending!» bei der Entdeckung der Höhle zurückgehen.