Vor 50 Jahren ereignete sich die grösste Katastrophe in der Schweizer Baugeschichte. 88 Arbeiter starben beim Bau des Mattmark-Staudamms. Am Nachmittag des 30. August 1965, als auf der Baustelle des grössten Erddamms Europas das Unheil seinen Lauf nahm.
Viele Arbeiter hielten sich in den Unterkünften auf 2197 Metern über Meer auf, als über ihnen die Zunge des Allalingletschers abbrach. Innerhalb von 30 Sekunden schossen zwei Millionen Kubikmeter Eis und Geröll zu Tal.
Warnung vor Gletscher bereits vor dem Bau
Bundesrat und die Bauherrschaft bemühten sich nach dem Unglück rasch um Schadensbegrenzung. Für sie handelte es sich um eine reine Naturkatastrophe. Ein neuer SRF-Dokumentarfilm lässt an dieser Einschätzung allerdings Zweifel aufkommen.
«Schon 1954 hat der damalige Sicherheitsexperte des Bundes vor dem Gletscher gewarnt. Auch hatte man bereits damals schriftlich festgehalten, dass die Gletscherzunge vermessen werde müsse, was aber nicht getan wurde», sagte Christina Karrer, Co-Autorin des DOK-Films.
«Ein Alarm hätte viel Unglück verhindert»
Der offizielle Bericht der Expertenkommission ist zwar noch bis 2020 unter Verschluss. SRF erhielt dennoch Einblick. «Wenn man den Bericht liest, kommt man schon zu dem Eindruck, dass das Unglück zwar nicht hätte verhindert werden können, jedoch dessen Auswirkungen deutlich verringert hätten werden können», so Christina Karrer.
«Ein Alarm hätte noch wenige Minuten, ja selbst eine Minute vor der Katastrophe noch viel Unglück verhindern können», stellt der Expertenbericht von 1967 fest. Doch die Einrichtung eines funktionierenden Kontroll- und Alarmsystems war unterlassen worden.
Dennoch kam das Gericht, das sieben Jahre nach der Katastrophe in Visp zusammentrat, zu dem Schluss, dass das Unglück nicht vorhersehbar gewesen sei. Es sprach alle 17 Angeklagten frei. «Wir haben mit einem der damaligen Richter, Max Ranhold, gesprochen. Er steht bis heute zu dem Freispruch», so Karrer. Ranhold glaube auch heute noch an die These der Unvorhersehbarkeit.