Millionen Menschen starren per Fernseher gebannt in den wolkenlos-blauen Himmel über Texas. Da geschieht das Unerwartete: Die Raumfähre «Columbia» verglüht wegen eines defekten Hitzeschilds beim Eintritt in die Erdatmosphäre. Alle sieben Crew-Mitglieder sind sofort tot – nur 16 Minuten vor der geplanten Landung.
Nationales Desaster
Im Kontrollzentrum in Florida, wohin um 8:59 Uhr Ortszeit die letzten unverständlichen Worte aus der «Columbia» übermittelt werden, sind die Gesichter der Ingenieure und der Familienmitglieder der Astronauten blank vor Entsetzen. Auch die Schweizer Tagesschau sucht nach Erklärungen:
Teile der «Columbia» finden sich später in einem Radius von 200 Kilometern über Texas und dem Nachbarstaat Louisiana verstreut – auf Autobahnen, in Büros, in Wäldern. Ein Tag, der zum Triumph für die US-Raumfahrtbehörde Nasa und die bemannte Weltraum-Forschung werden sollte, endet in einem nationalen Desaster.
Komplikationen schon beim Start
Schon beim Start der Unglücksmission «STS-107» war etwas Bedeutendes schief gelaufen, das – wie Untersuchungen später ergaben – das Desaster beim Landeversuch unausweichlich machte. Ein Stück Schaumstoff-Isolierung eines Tanks der Raumfähre brach ab und schlug ein Loch in die Vorderkante des linken Flügels.
Wissenschaftler der Nasa hatten das zwar bemerkt, aber das Ausmass des Schadens wohl unterschätzt. Eine Notfall-Rettungsmission wäre wahrscheinlich möglich gewesen, ergaben spätere Untersuchungen. Doch die Nasa unternahm nichts.
Der Isolierschaum hatte auch den Hitzeschutz der Raumfähre beschädigt. Beim Eintritt in die Erdatmosphäre fielen deshalb nacheinander die Instrumente im linken Flügel wegen Überhitzung aus und die «Columbia» taumelte kurz vor ihrer geplanten 28. Landung ausser Kontrolle und zerbrach schliesslich.
Die sieben Astronauten – fünf Amerikaner, eine Inderin und der erste Israeli im All – hatten Untersuchungen zufolge keine Chance, sich zu schützen, und waren innerhalb von Sekunden tot. Die einzigen überlebenden Lebewesen waren Fadenwürmer, die zu Testzwecken ins All mitgenommen wurden.
«Die Besatzung hatte keine Chance etwas zu unternehmen», sagt Friedhelm Claasen vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, der damals an der Mission beteiligt war, rückblickend zu SRF4 News.
Ende einer Ära
Obwohl das Desaster der «Columbia» nicht das erste der Shuttle- Geschichte war – 1986 starben sieben Astronauten, als die «Challenger» kurz nach dem Start auseinanderbrach – sollte es die amerikanische Raumfahrt doch für immer verändern. Die Raumfähren-Flotte wurde zunächst vorübergehend für rund zwei Jahre in den Hangar verbannt und umfangreiche Tests, Untersuchungen und Verbesserungen angeordnet.
«Unsere Reise in den Weltraum wird weitergehen», hatte Präsident Bush schon direkt nach dem Unglück verkündet. Die Zukunft der Space Shuttles jedoch war mit dem 1. Februar 2003 plötzlich düster geworden.
Zwar hoben «Atlantis», «Endeavour» und «Discovery» zwischen 2005 und 2011 noch insgesamt 28 mal ab, aber hauptsächlich, weil internationale Verträge die USA an die Fertigstellung der Internationalen Raumstation ISS banden, bei der die Raumfähren eine wichtige Rolle spielten.
Nasa setzt neue Schwerpunkte
Immer lauter kritisierten Experten die Flotte als zu teuer, veraltet und anfällig. 2004 verkündete Bush offiziell, dass die Shuttles zum Ende des Jahrzehnts in Rente gehen würden. 2011 war es dann soweit.
Zehn Jahre nach dem «Columbia»-Unglück hat die Nasa neue Schwerpunkte gesetzt und – beispielsweise mit dem Marsrover «Curiosity» – auch wieder neue Publikumslieblinge entwickeln können. Die verbleibenden Raumfähren erinnern unterdessen in Museen an die ruhm- aber auch schmerzreiche Ära der Space Shuttles.