Schwere Zeiten für Forelle, Egli, Aal oder Felche: Die Bestände der Süsswasserfische sind europaweit seit den 1970er-Jahren um 90 Prozent zurückgegangen. Das zeigt eine Untersuchung des WWF. Auch die Schweiz ist davon nicht ausgenommen. Über die Gründe des dramatischen Einbruchs weiss Andri Bryner vom Wasserforschungsinstituts der ETH Zürich (Eawag) mehr.
SRF News: Sind auch die Schweizer Gewässer von der massiven Abnahme der Menge an Süsswasserfischen betroffen?
Andri Bryner: In der Tat lässt sich der Trend leider auch in der Schweiz feststellen. Wir begannen schon vor dem Jahr 2000 zusammen mit den Kantonen, dem Fischereiverband und der Chemieindustrie mit einem Projekt, um den Gründen für den Fischrückgang auf die Spur zu kommen.
Wir mussten etwa bei den Forellen zwischen den 1970er-Jahren und dem Jahr 2000 einen Rückgang um 70 Prozent feststellen. Und wenn man sich die Fischfangstatistik der Jahre 2000 bis 2018 anschaut, stellt man bei den gefangenen Fischen leider nochmals einen Rückgang um 40 Prozent fest.
Was weiss man über die Ursachen für diesen Rückgang des Fischfangs von in dem Fall über 80 Prozent seit den 1970er-Jahren?
Dafür sind vor allem drei Gründe verantwortlich: Die Verbauung der Flüsse, die stoffliche Belastung der Gewässer sowie Krankheiten, die teilweise mit der Klimaerwärmung zusammenhängen.
Gründe sind Verbauungen, Gewässerbelastungen sowie Krankheiten im Zusammenhang mit dem Klimawandel.
Hinzu kommen lokale Faktoren, wie mancherorts etwa eine starke Zunahme von fischfressenden Vögeln – etwa Kormorane oder Sägerenten. Auch die Konkurrenz durch invasive, also ausgesetzte Fischarten, welche die einheimischen Fische zu stark konkurrenzieren, könnte mancherorts für den Rückgang verantwortlich sein.
Was kann man gegen den Fischrückgang in den Schweizer Gewässern tun?
Zunächst müssen die Lebensräume für die Fische aufgewertet werden. Vor allem muss die Durchgängigkeit in den Flüssen verbessert werden. Die Fische müssen von den Flüssen in die Seen und umgekehrt wandern können. Entlang der Gewässer müssen ausserdem vermehrt Strukturen geschaffen werden, in deren Umgebung sich die Fische wohlfühlen, Unterschlupf finden und sich vermehren können. Das Stichwort lautet hier: Revitalisierung der Gewässer und der Ufer.
Die Fische müssen sich wohlfühlen und vermehren können.
Zudem muss das Wasser sauber gehalten werden. In diesem Bereich sind seit einigen Jahren grosse Bestrebungen im Gang. Viele Kläranlagen werden mit einer zusätzlichen Reinigungsstufe ausgerüstet, welche auch Arzneimittel oder Haushaltschemikalien aus dem Wasser entfernen können. Probleme bereiten aber weiterhin Pestizide aus der Landwirtschaft und aus den Gärten – hier müssen wir noch weiterkommen. Wichtig ist ausserdem eine vorsichtige Bewirtschaftung der Fischbestände: Früher hat man viele Fische aus Fischzuchtanstalten ausgesetzt und dabei nicht bemerkt, dass man so teilweise Krankheiten in vorher gesunde Gewässer eingeschleppt hat.
Als Konsument kann ich also auch etwas tun: Dafür schauen, dass ich weniger Chemikalien ins Abwasser gebe?
Sicher ist: Für die Fische ist es umso besser, je weniger Medikamente und Chemikalien ins Abwasser und so in die Flüsse und Seen gelangen. Andererseits geht es aber überhaupt nicht darum, keine Speisefische aus Schweizer Gewässern mehr zu essen. Diese können bedenkenlos genossen werden. Doch klar ist auch, dass wir die steigende Nachfrage nach Fisch nicht aus einheimischen Gewässern bedienen können.
Das Gespräch führte Susanne Stöckl.
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