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Wirbelsturm Harvey: Nicht die Windstärke war das Problem
Aus Echo der Zeit vom 28.08.2017. Bild: Reuters
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Unwetter in Südtexas «Wir müssen mit Superlativen aufpassen»

«Jenseits von allem Erlebten»: Medien und Meteorologen überschlagen sich. Der Klima-Forscher Anders Levermann fordert Zurückhaltung.

SRF News: Nach Wirbelsturm-Massstäben war «Harvey» zunächst nicht sonderlich bedrohlich. Vor der US-Küste bekam er aber Kraft und hatte plötzlich eine ganz neue Dimension. Was ist mit «Harvey» passiert?

Anders Levermann: Das Problem bei «Harvey» ist nicht so sehr die Windstärke, sondern das ganze Wasser, das runterregnet. Zudem bewegt sich «Harvey» nicht. Er dümpelt an der Küste von Texas herum und zieht immer mehr Wasser an. Jetzt könnte sich das Problem ergeben, dass der Sturm wieder aufs Wasser ausweicht, um dann wieder aufs Land zu fallen. Immer, wenn er über Wasser ist, zieht der Sturm neue Energie und bleibt damit bestehen.

Ist «Harvey» Ihrer Meinung nach eine Folge des Klimawandels?

Zur Person

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Legende: Universität Potsdam

Anders Levermann ist ein deutscher Klimawissenschaftler am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Professor für die Dynamik des Klimasystems am Institut für Physik der Universität Potsdam.

Nein. Es gab schon immer Wirbelstürme und tropische Stürme, und «Harvey» ist auch nicht der stärkste Sturm aller Zeiten. Er war Kategorie 3, kurzzeitig Kategorie 4 und ist jetzt wieder ein tropischer Sturm. Aber: Tropische Stürme werden unter dem Einfluss des Klimawandels stärker und intensiver. Ganz einfach, weil sie Energie aus der Oberflächentemperatur des Ozeans ziehen – und die erwärmt sich, wenn sich der Globus erwärmt.

Die Meteorologen sagen, das alles sei «Jenseits von allem Erlebten». Ist das wirklich so?

Jeder Wirbelsturm, jedes Wetterextrem ist besonders. Deswegen haben wir auch grosse Schwierigkeiten, sie zu klassifizieren. Es gibt ein grosses Problem, wenn solche Superlative verbreitet werden. Die Leute sagen sich dann: «Natürlich sprechen Nachrichtenstationen wie CNN und Fox News immer von der ‹grössten Katastrophe aller Zeiten›. Damit verdienen sie ja ihr Geld.»

Es gibt Katastrophen, die so gross sind, dass wir uns nicht gegen sie schützen können.
Autor: Klimaforscher Levermann zu einer neuen Erkenntnis bei den US-Behörden

Das kann zur Folge haben, dass die Leute zuhause bleiben und versuchen, ihr Haus zu schützen. Hurrikan «Harvey» ist zwar tatsächlich besonders, speziell wegen des Regens. In Houston hat es so etwas wohl auch noch nie gegeben – so kann man immer Superlative finden, wenn man sie denn sucht. Klar ist: Der Klimawandel führt zu mehr Regen und intensiveren Wirbelstürmen. Dieses Problem müssen wir ernst nehmen. Wir müssen aber gelassen bleiben und planvoll vorgehen.

Wie meinen Sie das?

Wir müssen uns anpassen an den Klimawandel, den wir nicht mehr verhindern können. Wir müssen uns an die zu erwartenden Schäden anpassen. Dann müssen wir das Pariser Klimaabkommen einhalten, damit wir das vermeiden, woran wir uns nicht mehr anpassen können. Es gab schon in der Vergangenheit Wirbelstürme. Neu ist aber, dass das «United States Army Corps of Engineers» (u.a. zuständig für Katastrophenschutz, Anm. d. Red.) seine Strategie geändert hat – von einer Risikovorhersage hin zur besseren Krisenbewältigung. Das ist nichts anderes als ein Zugeständnis: Es gibt Katastrophen, die so gross sind, dass wir uns nicht gegen sie schützen können. Der Klimawandel ist da und bewirkt Veränderungen bis in die Verwaltungsstrukturen der USA.

Das Gespräch führte Nicoletta Cimmino.

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