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«Veganuary» ist im Trend «Eine streng vegane Ernährung sehe ich sehr kritisch»

Vor sechs Jahren wurde der vegane Januar lanciert. Inzwischen machen weltweit wohl Millionen Menschen bei der Aktion «Veganuary» mit. Dieses Jahr ist auch die vegane Gesellschaft Schweiz auf den Zug aufgesprungen.

Eine vorübergehende vegane Ernährung habe durchaus Vorteile, sagt die Ernährungsberaterin Beatrice Conrad – doch ausschliesslich auf Veganismus umzustellen, sei mit gewissen Tücken verbunden und nicht für alle Personen geeignet.

Beatrice Conrad

Ernährungsberaterin

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Die Ernährungsberaterin Beatrice Conrad führt eine eigene Beratungspraxis und ist Autorin des Buchs «Ist Essen gesund».

SRF News: Was halten Sie davon, sich im Januar ausschliesslich vegan zu ernähren?

Beatrice Conrad: Sinnvoll daran ist, sich darüber klarzuwerden, wie viel Fleisch man üblicherweise so isst. Ich halte aber wenig davon, einen Monat lang beim Fleischkonsum sehr zurückhaltend zu sein und das restliche Jahr überhaupt nicht über seine Gewohnheiten nachzudenken. Einer streng veganen Ernährung dagegen stehe ich sehr kritisch gegenüber. Doch ich halte sehr viel davon, ab und zu eine vegane oder vegetarische Mahlzeit einzubauen.

Ich halte sehr viel davon, ab und zu eine vegane oder vegetarische Mahlzeit einzubauen.

Was passiert mit dem Körper, wenn man sich einen Monat lang ganz ohne tierische Produkte ernährt, obwohl er sich anderes gewohnt ist?

Wenn man darauf achtet, die benötigten Proteine durch pflanzliche Proteine zu ersetzen, ist das für einen gesunden Erwachsenen kein Problem.

Welche Probleme können auftreten, wenn sich jemand nicht bloss für einen Monat, sondern ausschliesslich vegan ernähren möchte?

Schwangeren, Säuglingen, Kindern, Senioren sowie kranken Menschen rate ich grundsätzlich davon ab, sich über längere Zeit ausschliesslich vegan zu ernähren. Wenn sich aber ein gesunder Erwachsener zu einer veganen Ernährungsweise entscheidet, ist es vor allem wichtig, mit ausreichend Proteinen versorgt zu sein.

Wer sich ausschliesslich vegan ernährt, muss sich Vitamin B12 zuführen.

Ausserdem muss sich die Person irgendwie Vitamin B12 zuführen, das auf natürliche Weise praktisch nur in tierischem Eiweiss vorkommt. Auch sollte man sich von einem neutralen Experten oder einer Expertin beraten lassen, um Nährstoffdefizite zu verhindern.

Man kann sich also gar nicht vegan ausgewogen ernähren, ohne künstliche Zusatzstoffe zu sich zu nehmen?

Zumindest die Aufnahme von Vitamin B12 muss man durch Supplemente gewährleisten. Neben B12 gibt es andere Nährstoffe, die bei einer veganen Ernährung nur knapp vorhanden sind. Auch werden manche Nährstoffe aus pflanzlicher Nahrung vom menschlichen Körper nicht gleich gut aufgenommen, wie wenn sie aus tierischer Nahrung stammen. Ausserdem ist viel Wissen über die Ernährung nötig – und mehr Zeit, sich damit auseinanderzusetzen.

Das Gespräch führte Silvan Zemp.

Lebenswichtiges Vitamin B12

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Das von Mikroorganismen gebildete Vitamin B12 kommt fast ausschliesslich in tierischen Eiweissen vor. Der menschliche Körper kann eine gewisse Menge des Vitamis speichern, doch wenn die B12-Speicher leer sind und das Vitamin nicht ersetzt wird, kann sich langfristig eine folgenschwere Blutarmut mit möglicherweise unumkehrbaren Folgen bilden. Bei der veganen Ernährung ist die künstliche Zufuhr von B12 durch Zusatzprodukte besonders wichtig, weil diese Ernährungsweise im Gegensatz zur vegetarischen – bei der etwa auch Milchprodukte zu sich genommen werden – überhaupt keine tierischen Eiweisse vorsieht.

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