Beim Ausbruch des Fuego in Guatemala sind Dutzende Menschen umgekommen. Ein effizientes Frühwarnsystem fehlte.
Die Vulkanologin Juliana Troch erklärt, wieso die Eruption derart verheerend war und wieso weiterhin Gefahr vom Fuego ausgeht.
SRF News: Hat Sie der Ausbruch des Fuego in Guatemala überrascht?
Juliana Troch: Nein. Guatemala sitzt auf dem Pazifischen Feuerring, einer vulkanisch sehr aktiven Region, wo plattentektonische Prozesse stattfinden, sich die Erdplatten also bewegen. Deshalb kommt es in dieser Region immer wieder zu Vulkanausbrüchen.
Wenn dies quasi Alltag ist in Guatemala – wieso kam es beim Ausbruch des Fuego zu Dutzenden Todesopfern?
Der Fuego galt bislang als eher ungefährlicher Vulkan, dessen Aktivität durch kleinere oder allenfalls mittlere Ausbrüche gekennzeichnet war. Es gab zwar immer wieder Lava-Ausbrüche, die Lavaströme bewegten sich meist allerdings bloss im Umfeld des Vulkankraters. Jetzt ist es überraschend zu einer explosiven Eruption gekommen, im Zuge derer auch tödliche pyroklastische Ströme aufgetreten sind.
Gigantische Glut- und Aschewolken, die sich mit rasender Geschwindigkeit den Berg hinunterwälzen.
Was bedeutet das konkret?
Das sind gigantische Glut- und Aschewolken, die sich mit rasender Geschwindigkeit von bisweilen weit über 100 Stundenkilometern den Berg hinunterwälzen. Wenn sie sich in Täler ergiessen und diesen entlangrasen, können sie auf Dörfer treffen, die sich auch weiter weg vom Vulkan befinden – etwa an Flüssen.
Kommt es häufig zu Vulkan-Explosionen mit solch verheerenden Folgen?
Bei einem aktiven Vulkan wie dem Fuego ist durchaus damit zu rechnen, denn es handelt sich bei ihm um einen sogenannten Stratovulkan. Das sind Vulkane, die in einzelnen Schichten aus Lava und Asche aufgebaut sind und meist die typische Kegelform haben. Ihr Magma ist eher zäh und fliesst normalerweise nicht sehr weit die Hänge hinunter. Die Lava verfügt aber über einen hohen Gasanteil, was zu den explosiven Eruptionen führt, in deren Folge die pyroklastischen Ströme auftreten können.
Nun gibt es auch Frühwarnsysteme bei Vulkanen. Hätte man die hohe Opferzahl am Fuego nicht verhindern können?
Tatsächlich gibt es auch am Fuego eine Art Frühwarnsystem. Solche Messnetze erlauben es zu erkennen, wann ein Vulkan in eine Phase von erhöhter Aktivität eintritt. Allerdings ermöglichen sie keine minutengenaue Vorhersagen, wann und in welchem Ausmass eine Eruption stattfindet. Frühwarnsysteme sind umso effektiver, je engmaschiger sie angelegt sind. Weil in Guatemala die finanziellen Ressourcen beschränkt sind, wird der Fuego allerdings nicht so engmaschig überwacht wie andere Vulkane auf der Welt.
In vulkanisch aktiven Gebieten muss stets damit gerechnet werden, dass es zu Ausbrüchen kommt.
Rund um den Fuego in Gautemala sind die Bergungsarbeiten immer noch in vollem Gange. Besteht für sie weiterhin eine Gefahr durch mögliche weitere Ausbrüche?
Auf jeden Fall, denn die Eruption des Fuego dauert weiter an. Entsprechend gefährlich gestalten sich jetzt die dortigen Bergungsarbeiten in den betroffenen Tälern.
Was kann man aus dem Drama um den Fuego in Guatemala lernen?
Vulkane sind immer gefährlich – so schön sie auch immer anzuschauen sind. So hat die Berichterstattung über den Ausbruch des Kilauea auf Hawaii etwas in die Irre geführt: Es waren imposant-schöne Lavafontänen zu sehen, und auch wenn die Lavaströme zahlreiche Häuser zerstörten, sind keine Menschen ums Leben gekommen. Doch Vulkane bleiben immer hochgefährlich, ihre Aktivität bleibt bis zu einem gewissen Grad unvorsehbar. Deshalb muss in vulkanisch aktiven Gebieten stets damit gerechnet werden, dass es zu Ausbrüchen kommt.
Das Gespräch führte Linda von Burg.