Nun also doch noch: Nach jahrelangen Ermittlungen kommt es Ende September 2022 am Bezirksgericht March (SZ) zum Prozess gegen zwei Verantwortliche des dubiosen Zahlungsdienstleisters Obligo AG mit Sitz auf der Rigi, beziehungsweise deren Vorgängerfirma Paypay AG. Ihnen werden laut der öffentlichen Gerichtsagenda mehrfache Verstösse gegen das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vorgeworfen sowie das Versenden pornografischer Inhalte an Minderjährige unter 16 Jahren. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Die Anklageschrift wird gemäss Gericht am ersten Prozesstag, am 27. September, verteilt. Vorgesehen sind zwei Tage mit einem Reservetermin am 30. September.
Zweifelhafter Ruf
Die Firma Obligo mit Sitz auf der Rigi geniesst einen zweifelhaften Ruf. Immer wieder haben die SRF-Konsumentenmagazine «Espresso» und «Kassensturz», aber auch andere Medien, über das dubiose Geschäftsmodell dieser Firma berichtet.
Betroffene erzählen, dass sie erst merkwürdige SMS – oft mit pornographischem Inhalt – erhalten und gelöscht hätten. Oder sie seien mit einem Anruf auf ihr Handy überrumpelt worden und hätten dort ihre Adresse angegeben. Früher oder später kommt dann eine Rechnung von Obligo. Nicht selten für Porno-Angebote von Drittanbietern. Man habe ein entsprechendes Abo gelöst, wird behauptet. Wer nicht zahlt, erhält eine erste und manchmal auch eine zweite Mahnung. Weil es ihnen peinlich ist, zahlen wohl viele – obwohl sie hundertprozentig sicher sind, dass sie nie bewusst ein solches Abo abgeschlossen haben.
In letzter Zeit haben sich diese Meldungen bei «Espresso» und «Kassensturz» wieder gehäuft. Die Praxis zeigt, dass es sich in den meisten Fällen lohnt, solche Rechnungen einmal schriftlich zu bestreiten. Ein Mail genügt. Eine Vorlage finden Sie hier:
Service
Das Seco blieb hartnäckig
Aufgrund zahlreicher Meldungen erstattete das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) schon im Jahr 2014 Anzeige. Die Geschichte zog sich hin. 2017 gab die zuständige Staatsanwaltschaft bekannt, dass man Obligo und der Vorgängerin PayPay kein strafrechtliches Verhalten nachweisen könne.
Das Seco focht diesen Entscheid an, die Staatsanwaltschaft musste die Akte wieder öffnen und weiter ermitteln. Nun kommt es zum Prozess. Weder das Seco noch der zuständige Staatsanwalt wollen sich auf Anfrage weiter dazu äussern.
Obligo: Nur Dienstleistung für andere
Der Zahlungsdienstleister Obligo reagiert mit einer ausführlichen Antwort per Mail – untersagt es «Espresso» aber, dass man daraus zitieren dürfe.
Deshalb kurz zusammengefasst: Obligo betont, wie bei früheren Anfragen auch schon, man verschicke diese Rechnungen lediglich im Auftrag ihrer Kunden – also jener Firmen, bei denen die Betroffenen angeblich ein Abo gelöst haben sollen. Man könne deshalb auch nicht für Fehler bei der Rechnungsstellung belangt werden.