«Er ist sehr praktisch», sagt Nicky B. über den hormonbeschichteten Vaginalring. «Nach dem Einführen muss man drei Wochen lang nicht ans Verhüten denken.» Als der Hormonring ihrer üblichen Marke im Februar nicht lieferbar ist, kauft sie stattdessen das Produkt Danisia der Novartis-Tochter Sandoz.
Für ihren Partner Michel S. wird der Geschlechtsverkehr dadurch jedoch zu einer schmerzhaften Erfahrung: «Es hat sich angefühlt als würde jemand mit einem sehr spitzen Nagel drüber kratzen», erzählt der 25-Jährige. Nach Entfernung des Ringes stellt das Paar fest, dass bei der Naht «zwei Kerben herausstanden».
Mehrere Reklamationen
Nicky B. bringt ihn zurück in die Apotheke und erhält einen Ersatzring. «Dieser hatte bei der Schweissnaht wieder zwei herausstehende Stellen und den gleichen Defekt», erzählt die gelernte Pharma-Assistentin. «Ich habe den Ring wieder zurückgebracht und die Apotheke hat mir erneut bestätigt, dass das gleiche Problem besteht.»
Die Amavita-Apotheke schreibt Sandoz eine Reklamation, die «Kassensturz» vorliegt. Es sei durch die Kerben zu Verletzungen am Penis gekommen und einer Narbe an der Eichel. Ausserdem, so schreibt die Apotheke, sei dies nun die dritte Kundin, die sich über Danisia beschwere: «Die eine Kundin beklagte sich ebenfalls über die scharfkantingen Kerben im Ring, der anderen Kundin ist der Ring beim Herausnehmen zerbrochen.»
Hilfreiche Links:
Sandoz bestreitet in Stellungnahme Verletzungsrisiko
Zwei Monate später antwortet Sandoz der Apotheke, man habe das Produkt untersucht. Eine minimale Abweichung der Stranglänge des Rings habe möglicherweise zur aufstehenden Schweissnaht geführt: «Dies kann dazu führen, dass die Verschweissung des Ringes nicht korrekt erfolgt.»
Gegenüber «Kassensturz» aber schreibt die Pharmafirma, es liege kein Produktions- oder Qualitätsmangel vor: «Der beanstandete Ring barg zu keiner Zeit ein erhöhtes Verletzungsrisiko».
Elf Meldungen bei Swissmedic
Beim Heilmittelinstitut Swissmedic sind seit der Zulassung 2017 insgesamt elf Meldungen zu Danisia wegen unerwünschter Arzneimittelwirkungen eingegangen. Darunter mehrere Meldungen von Ringen, die gebrochen sind.
Aufgrund der «Kassensturz»-Recherche behandelt das Heilmittelinstitut den Fall nun «wegen Verdacht auf ein Qualitätsproblem».
«Die Angst vor einer weiteren Verletzung ist gross»
Sex mit einem Verhütungsring kommt für das junge Paar aber nicht mehr in Frage. «Die Angst davor, sich nochmals daran zu verletzen, ist einfach zu gross. Und ich möchte auch nicht, dass sich andere Leute daran verletzen. Oder dass sich meine Frau daran verletzt», sagt Michel S.
Michel S. befindet sich wegen der Verletzung noch immer in ärztlicher Behandlung. «Ich erwarte von Sandoz, dass sie Verantwortung übernimmt und für die Arztkosten aufkommt», sagt Nicky B. Laut der Novartis-Tochter ist die abstehende Schweissnaht beim Ring jedoch kein Grund für eine Haftung oder die Übernahme der Kosten.