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Profifussballerin Lia Wälti «Ich will gar nicht Millionen verdienen»

Lia Wälti ist wieder auf dem Rasen unterwegs. Im Frühling musste sich die 26-Jährige am Knie operieren lassen, jetzt hat sie die Rehabilitationsphase überstanden und darf wieder spielen: Am Dienstag für die Schweizer Nationalmannschaft und seit Anfang Saison auch bei ihrem Club Arsenal Women.

In London startet sie in ihre zweite Saison. Das sportliche Ziel ist klar: Es gilt, den Meistertitel aus dem letzten Jahr zu verteidigen. Die Langnauerin hat in ihrer Karriere schon viel erlebt – und hat noch nicht vor, diese zu beenden.

Lia Wälti

Profifussballerin

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Die Langnauerin Lia Wälti (*1993) begann im Alter von acht Jahren beim FC Langnau, spielte später für den FC Köniz und für die U-16-Mannschaft der Jungen. Danach wechselte sie zur ersten Frauenmannschaft von YB. Mit YB gewann die Mittelfeldspielerin im Jahre 2011 die Schweizer Meisterschaft und stieg zur Kapitänin auf. Im selben Jahr debütierte sie in der ersten Schweizer Nationalmannschaft. Mittlerweile ist sie auch dort Kapitänin.

Im Sommer 2013 wechselte Wälti zum Bundesligisten 1. FFC Turbine Potsdam, 2018 unterzeichnete sie beim englischen Verein Arsenal Ladies FC.

SRF News: Sie starten nach einer Verletzungspause in Ihre zweite Saison bei Arsenal in London. Fühlen Sie sich dort wohl?

Lia Wälti: Ja, sportlich gesehen habe ich mich super eingelebt mit dem Team, dem Trainer und dem Verein – das war ein richtiger Glücksgriff und ich habe mich vom ersten Moment an wohl gefühlt.

Das Team, der Trainer und der Verein – das war ein richtiger Glücksgriff.

Was mich persönlich angeht, habe ich London jedoch sehr schnell als künftige Heimat ausschliessen können. Hier werde ich nicht mein Leben verbringen. Über alles hinweg war aber der Schritt, nach London zu ziehen, absolut der richtige. Ich hoffe, das Abenteuer ist noch lange nicht zu Ende.

In der Schweiz ist Frauenfussball noch mit eher tiefen finanziellen Mitteln ausgestattet. Wie ist das im Ausland?

Man merkt sofort, dass die Bedingungen besser sind, wenn man ins Ausland wechselt. Als ich nach Deutschland gewechselt habe, war der Unterschied ziemlich gross. Die deutsche Liga war aber auch eine der besten zu dieser Zeit. Das Interesse am Frauenfussball war gross. Mittlerweile haben auch andere Ligen bessere Bedingungen, auch die englische Liga.

Ich hoffe, die Schweiz zieht bald nach.

Beim Wechsel zum FC Arsenal merkte ich nochmal einen deutlichen Unterschied bezüglich Professionalität. In London können wir auf dem Rasen der Männer trainieren. Das ist etwas, wovon man früher nur hätte träumen können. Ich hoffe, die Schweiz zieht bald nach. Sonst verliert man irgendwann den Anschluss.

Können Sie vom Fussballspielen leben?

Ja. Ich habe das Glück, dass ich schon länger davon leben kann. Eigentlich genau von dem Moment an, als ich ins Ausland gezogen bin und voll auf Fussball gesetzt habe. In den ersten Jahren verdiente ich weniger, als in einem Bürojob hier in der Schweiz. Jetzt bin ich teurer. Es ist ein unglaubliches Privileg. Zudem bin ich froh, dass sich unsere Löhne nicht im Bereich der männlichen Spieler bewegen.

Weshalb?

Ich sehe es hautnah bei Arsenal: Die Männer leben zum Teil gar nicht mehr in der Realität, es ist eine Scheinwelt. Sie rutschen da einfach rein, wenn sie sich entscheiden, Profifussballer zu werden. Wer würde nicht einen höheren Lohn nehmen? Da würde niemand Nein sagen. Aber im Männerfussball ist es einfach zu viel Geld – und es wird immer mehr.

So ein Leben möchte ich nicht leben.

Ich habe das Gefühl, diese Männer können nicht sich selber sein, sobald sie ihr Zuhause verlassen. So ein Leben möchte ich nicht leben. Klar, im Frauenfussball könnten einige Dinge besser werden. Aber trotzdem bin ich froh, dass wir nicht Millionen verdienen.

Wie sieht Ihre Zukunft aus – haben Sie überhaupt Pläne?

Ach, ich muss mich immer zwingen, darüber nachzudenken. Den einen Traumjob gibt es für mich noch nicht, aber ich bin auf einem guten Weg, was die Ausbildungen angeht.

Nach der KV-Ausbildung habe ich in Deutschland das Abitur nachgeholt und jetzt studiere ich Sportmanagement. Ich bin mich also am Vorbereiten auf ein Leben nach dem Fussball. Aber wirklich etwas ausprobieren kann ich nicht. Ich versuche, so lange wie möglich Fussball zu spielen. Ich bin selbst gespannt, wo ich einmal lande.

Das Gespräch führte Martina Koch.

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