Erstmals verliessen – nach einem Reinigungsprozess – Anlagebestandteile das Kraftwerkgelände.
Auf zwei Lastwagen wurden mehrere Splitterschutzsteine aus dem Maschinenhaus des Kernkraftwerks weggebracht. Die grossen Betonblöcke gehörten zu Schutzwänden, welche um die Turbinen des Kraftwerks herum aufgebaut worden waren. Sie hätten im Fall, dass eine Turbine explodiert wäre, Splitter aufgefangen.
Für jedes Gramm müssen wir nachweisen, dass die Grenzwerte unterschritten sind.
Die Betonelemente werden nun auf einem Recyclingplatz von der Zementherstellerin Vigier zertrümmert. In einem Zementwerk des Unternehmens in Péry im Berner Jura fliessen die zertrümmerten Teile der Splitterschutzwände dann wieder in die Zementproduktion ein.
Minutiöse Messungen
Bevor die Splitterschutzsteine das Werksgelände verliessen, wurden sie minutiös auf allfällige Strahlung untersucht, wie die Verantwortlichen an einer Medienkonferenz auf dem Kraftwerkgelände erläuterten.
«Für jedes Gramm müssen wir nachweisen, dass die Grenzwerte unterschritten sind», sagte Joachim Dux, Leiter Rückbau. Jede Messung werde dokumentiert und dem Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI vorgelegt. Dieses kontrolliert die Resultate innerhalb von vier Wochen.
Es hat eine Weile gedauert
Deshalb konnten die ersten gereinigten Anlageelemente erst Mitte Februar das Kraftwerkgelände verlassen, obwohl die Stilllegungsarbeiten bereits Anfang Jahr begonnen hatten. Abgeschaltet wurde das Kernkraftwerk Mühleberg am 20. Dezember 2019.
Laut Dux reichte es bisher, die Betonelemente mit feuchten Tüchern zu reinigen. Das ENSI hat laut Stefan Klute, dem Gesamtprojektleiter Stilllegung, die Messvorrichtungen der BKW geprüft und nimmt auf dem Kraftwerkgelände Inspektionen vor. Alle Anlageteile, welche das Kraftwerksgelände verlassen, werden geprüft. Die BKW spricht von «Freimessung».
Im AKW gehen die Sprayer um
Die Stilllegungsarbeiten seien auf Kurs, hiess es weiter. Nicht nur Splitterschutzsteine, sondern auch Röhren aus dem Maschinenhaus und tonnenschwere Abdecksteine der sogenannten Reaktorgrube sind bereits demontiert worden.
Dabei spielt Spray eine wichtige Rolle: Anlageteile mit hellroter Farbe werden nicht mehr gebraucht. Mit blauem Spray werden Teile markiert, welche nach einer Kontrolle gemäss dem Vier-Augen-Prinzip zur Demontage freigegeben worden sind.
Im Kontrollraum des Atomkraftwerks ist ein Teil des Kommandopults bereits abgedeckt. Und es gibt Anzeigefelder mit einem hellroten Strich – diese Instrumente sind nicht mehr in Betrieb.
Ein langer Prozess
Das Kernkraftwerk Mühleberg abzubauen, bedeutet 200'000 Tonnen Material zu entfernen. Davon sind etwa acht Prozent radioaktiv verunreinigt, der grösste Teil davon aber nur gering.
Rund 3000 Tonnen Material werden als radioaktive Abfälle gelten, welche gesondert entsorgt werden. Stark radioaktiv verstrahlte Teile werden nicht gereinigt, sondern direkt ins Speziallager geführt.
Ende des Jahres 2030 soll das Gelände frei von radioaktivem Material sein und ab 2034 kann das Areal neu genutzt werden.