In der Küche knetet eine Maschine den Brotteig. Und eine Helferin rührt gerade in einer grossen Pfanne voller frischer Milch. Sie wird pasteurisiert, erklärt Bäuerin Annelis Mühlemann: «Die Milch erhitzen wir auf 75 Grad und nachher kühlen wir sie möglichst schnell wieder ab.»
Die Milch will die Helferin nachher zu Joghurt verarbeiten. Davon hätten sie noch nicht genug. «Weil wir jetzt mehr Gäste haben, als wir gedacht haben, machen wir noch ein wenig nach,» erklärt die Bäuerin.
Rund 100 Anmeldungen konnten Annelis Mühlemann und ihr Mann in den letzten Tagen zusätzlich annehmen. Denn die Wettervorhersage für den 1. August ist gut. So kann Familie Mühlemann draussen vor dem Bauernhaus noch ein paar Tische mehr aufstellen. Weil das Bauern-Ehepaar auf dem Hof noch andere Anlässe wie etwa Hochzeitsapéros durchführt, haben sie genug Tische, Sitzgelegenheiten und Kühlschränke.
Vor dem Bauernhaus in Heiligenschwendi auf knapp 1000 Metern Höhe, mit Blick auf die Berge und die Stadt Thun, steigt ein Helfer auf eine Leiter und spannt Plastik-Blachen zwischen den Apfelbäumen, damit es bei den Festbänken genug Schatten gibt.
450 Gäste werden Annelis, ihr Mann und die 45 Helfenden am 1. August zwischen den Bäumen und auf der alten Heubühne empfangen. Noch mehr würde nicht drin liegen. Viele Anfragen mussten sie deshalb ablehnen, sagt Annelis Mühlemann. «Die Nachfrage ist extrem. Wir hätten sicher 500 bis 600 Leute bewirten können, wenn wir alle hätten berücksichtigen können, die angerufen haben,» bedauert die Landwirtin.
Der Brunch hat auf dem Hof in Heiligenschwendi eine lange Tradition. Die Eltern von Annelis gehörten zu jenen Bauern, die das ausgiebige Frühstück vor 30 Jahren zum ersten Mal angeboten haben. Seither wirbt der Bauernverband jedes Jahr für den Brunch.
Annelis Mühlemann kann gut verstehen, dass man sich nach der Pandemie gut überlegt, ob man den Anlass durchführen will oder nicht. «Wenn man natürlich Festgarnituren, Kühlschränke und das Team dazu mieten muss und wenn man keine eigenen Produkte zum Verwerten hat, dann würde ich es auch nicht machen,» betont sie.
Aber das Rundherum zählt ja auch!
Denn der Anlass gebe schon sehr viel zu tun. Ausserdem rentiere er weniger gut als etwa die Hochzeitsfeste, welche sie auf dem Hof anbieten. Für ein Hochzeitsessen sei der Aufwand kleiner, der Ertrag aber grösser. Weil die Leute mehr konsumieren und das Essen pro Person rund 50 Franken kostet, statt nur 26 wie das ausgiebige Frühstück.
Aber es gehe der Bauernfamilie beim Brunch nicht nur ums Geld. «Es ist noch schwierig, wie man die Rendite ausrechnet», erklärt die Landwirtin. Finanziell gesehen, wenn man nur die Zahlen anschaue, sei es nicht der beste Anlass. «Aber das Rundherum zählt ja auch!»
Es sei auch ein wichtiger Marketing-Anlass, etwa für den eigenen Hofladen und für die ganze Branche, sagt die Landwirtin. So sei der Brunch nicht nur für die Gäste, sondern auch für die Bauernfamilie und die Helferinnen jedes Jahr wieder ein schönes Fest.