- Die hohe Zuwanderung verdrängt die einheimische Bevölkerung nicht aus dem Arbeitsmarkt und führt kaum zu Lohndumping, so der Bericht vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco).
- Im Vergleich zu den EU-Ländern ist der Anteil Eingewanderter an der Gesamtbevölkerung hoch.
Seit nunmehr fünfzehn Jahren ist das Freizügigkeitsabkommen mit der EU in Kraft und die Zuwanderung hat wegen des freien Personenverkehrs deutlich zugenommen. Vergangenes Jahr wanderten unter dem Strich 56'300 Personen ein. Seit Einführung der Personenfreizügigkeit waren es im Durchschnitt 65'500 Personen jährlich, knapp zwei Drittel aus der EU.
Im Vergleich zu den EU-Ländern ist der Anteil Eingewanderter an der Gesamtbevölkerung hoch. Einzig Luxemburg verzeichnete in den letzten Jahren einen noch höheren Anteil, wie es in dem veröffentlichten Bericht heisst.
Arbeitskräftemangel verhindert
Das Seco erklärt die hohe Zuwanderung mit der günstigen wirtschaftlichen Entwicklung in der Schweiz. Die Wirtschaft hat einen grossen Bedarf an Arbeitskräften, die aus dem EU-Raum rekrutiert werden.
Besonders gross ist die Nachfrage nach hochqualifizierten Arbeitskräften. Ohne Personenfreizügigkeit wäre es laut dem Bericht zu einem Fachkräftemangel gekommen. In den entsprechenden Branchen sind 16 Prozent der Beschäftigten EU-Zuwanderer, über alle Wirtschaftszweige gesehen beträgt der Anteil 12 Prozent.
Auch niedrigqualifiziertes Personal sei vermehrt im EU-Raum rekrutiert worden, schreibt das Seco. Die einheimische Bevölkerung habe diese Bereiche durch höhere Qualifizierung tendenziell verlassen. Absolut gesehen habe die Zuwanderung von hochqualifizierten Arbeitskräften aber klar die Hauptrolle gespielt.
Zunehmend aus Süd- und Osteuropa
Aus welchen Ländern Personen einwandern, hängt von der wirtschaftlichen Situation in den Herkunftsländern ab. Während in den Jahren vor der Krise viele aus Deutschland einwanderten, gewann in den Jahren danach die Zuwanderung aus Süd- und Osteuropa an Bedeutung.
Befürchtungen, dass sich die Zuwanderung damit von der Nachfrage nach Arbeitskräften abkoppeln könnte, haben sich gemäss dem Bericht nicht bestätigt. Die weitere Entwicklung der Zuwanderung aus Osteuropa sei indes mit erhöhter Aufmerksamkeit zu verfolgen, schreibt das Seco. Wie gut die arbeitsmarktliche Integration dieser Personen gelinge, lasse sich noch nicht beurteilen.
Mit der Ventilklausel wird die Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien vorübergehend wieder gesteuert. Zudem sieht das Seco ein begrenztes Potenzial für künftige Wanderungen aus diesen Ländern, weil die Erwerbsbevölkerung wegen der starken Abwanderung bereits beachtlich geschrumpft ist.
Seco: Bisher keine Verdrängung
Die hohe Zuwanderung führt laut Seco nicht zu mehr Arbeitslosigkeit. Die Erwerbsbeteiligung hat in den letzten 15 Jahren zugenommen – sowohl bei den Schweizern als auch bei den Zuwanderern, wobei Zuwanderer ein erhöhtes Erwerbslosigkeitsrisiko haben.
Dennoch dürfe nicht ausgeschlossen werden, dass die Konkurrenz in einzelnen Märkten als Folge der Zuwanderung zugenommen habe und dass einzelne Bevölkerungsgruppen schlechtere Chancen hätten, heisst es im Bericht.
Dasselbe gilt für die Löhne. Die Reallöhne seien mit durchschnittlich 0,8 Prozent pro Jahr robust gewachsen, schreibt das Seco. Am ehesten deute ein leicht gedämpftes Lohnwachstum bei den Hochqualifizierten auf einen möglichen Zusammenhang mit der Zuwanderung hin. Bei den tiefen Löhnen hätten sich die flankierenden Massnahmen als wirksames Instrument zum Schutz der Löhne erwiesen.
Stellenmeldepflicht als Ergänzung
Künftig gibt es ein weiteres Instrument, das negative Auswirkungen der Zuwanderungen abfedern soll: Die Stellenmeldepflicht in Berufsgruppen mit erhöhter Arbeitslosigkeit.
Der Bericht zeigt auch, dass manche Kantone viel stärker von der Zuwanderung und deren Auswirkungen betroffen sind als andere. Den grössten Anteil machen Zugewanderte aus der EU mit 18,1 Prozent im Kanton Tessin aus, gefolgt von der Genferseeregion mit 16,7 Prozent. Die Erwerbslosenquote gemäss der internationalen Arbeitsorganisation ILO lag in der Westschweiz und im Tessin über den gesamten Zeitraum deutlich über dem Schweizer Durchschnitt.