«Eigentlich geht es mir gut. Ich gewöhne mich langsam an das freie Leben», sagt Natallia Hersche. Sie wohnt im Moment in Zürich bei ihrer Tochter. Erst vor zwei Wochen ist sie zurückgekommen. Vorher war sie 17 Monate lang in Belarus in Haft.
Auch gesundheitlich gehe es ihr zunehmend besser, sagt die schweizerisch-belarussische Doppelbürgerin. Dass sie so lange ins Gefängnis muss, hatte sie nicht erwartet: «Am Anfang dachte ich, es werden vielleicht ein paar Tage im Gefängnis sein.»
Schlechte Haftbedingungen
Zuerst war Natallia Hersche in einem normalen Gefängnis untergebracht. Später wurde sie jedoch verlegt und die Haftbedingungen wurden schlechter. Als sie sich zudem weigerte, Uniformen für das Regime zu nähen, kam sie sogar in Einzelhaft. «In der Nacht war es sehr kalt. Ich sollte mich selber aufwärmen.»
Hersche sei dann jeweils auf einer Stelle gejoggt, bis ihr warm genug war, um einzuschlafen. Nach kurzer Zeit sei sie aber wieder aufgewacht und musste das Gleiche wiederholen. «Ich habe gesagt: Das ist doch Folter, was ihr hier macht. Ich bekomme keinen Schlaf.» Interessiert habe das aber niemanden.
Besuche vom Schweizer Botschafter
«Für mich waren es wie Feiertage», erzählt Natallia Hersche weiter. Jene Tage nämlich, an denen der Schweizer Botschafter in Belarus sie besuchte. «Er hat immer viele Nachrichten gebracht und mir erzählt, was draussen passiert.» Diese Unterstützung sei für sie sehr wichtig gewesen. Am 18. Februar kam sie überraschend frei. Was den Ausschlag dazu gegeben hat, ist nicht klar.
Mehr als einmal hätte Natallia Hersche freikommen können. Ihr wurde mehrfach angeboten, ein Gnadengesuch zu unterschreiben. Gemacht hat sie es nie. «Das geht doch nicht. Das ist genau das, wogegen ich kämpfe», sagt sie rückblickend.
Sie habe schon schwierige Momente gehabt, aber: «Ich habe mir nur eine Frage gestellt: Wenn es dir bewusst gewesen wäre, was du alles durchmachen musst, hättest du dich dann anders benommen damals in Minsk? Nein. Nein, ich würde genau das Gleiche wieder machen.»