Obschon es für viele Lastwagen ein Umweg ist, rollen 47 Prozent der Schwerverkehrstransporte auf der Nord-Süd-Achse über den Brenner-Pass. Die viel direktere Gotthard-Route wählen hingegen nur 24 Prozent der Camioneure. Damit das nicht so bleibt, wird im österreichischen Bundesland Tirol intensiv lobbyiert.
«Alle Mittel recht»
Die Exekutivpolitikerin der Grünen, Ingrid Felipe, sagt im «10vor10»-Interview, als Landesrätin für Umwelt- und Verkehr im Tirol sei es ihre Aufgabe, die Verkehrsbelastung für die Tiroler zu senken. «Ich versuche das unter dem Motto ‹Schiene stärken›, und dazu sind mir alle Mittel recht.» Konkret will Felipe in Absprache mit der EU-Kommisson die Brenner-Strecke mit sektoriellen Fahrverboten und strengen Tempolimiten unattraktiv machen.
Markus Maibach ist Verkehrsökonom beim Forschungsbüro Infras und untersucht, wie Transportunternehmer über Transitrouten entscheiden. Für ihn ist klar: Wenn das Bundesland Tirol die Inntal-Autobahn für Lastwagen beschwerlicher macht, gewinnt die Gotthard-Route für den Schwerverkehr an Attraktivität. Erst recht, wenn dereinst ein zweiter, richtungsgetrennter Tunnel existieren wird. «Ich gehe davon aus, dass eine zweite Gotthardröhre den Druck auf die Schweiz erhöhen würde. Die Herausforderung, dies verkehrspolitisch abzuwehren, wäre sehr, sehr gross.»
Verlagerung von 30 Prozent des Schwerverkehrs
Maibach hat aufgrund verschiedener Datenerfassungen und Befragungen eine Analyse erstellt. Laut dieser Berechnung würde sich 30 Prozent des Schwerverkehrs auf der Nord-Süd-Achse von der Brenner- auf die Gotthard-Strecke verlagern, sollten die Vergrämungsmassnahmen am Brenner greifen und am Gotthard eine zweite Röhre gebaut werden. Will heissen: In absehbarer Zukunft würde mehr als jeder zweite Lastwagen auf dem Weg von Norden nach Italien und zurück durch den Gotthard rollen.