Stolz steht er mit seinen blond-braunen Locken und seiner runden Brille vor dem Simulator. Auf die Ausbildung schaut er immer wieder gern zurück. Mit anderen aufstrebenden Pilotinnen und Piloten diese Faszination zu teilen – für Florian den Hollander war das stets ein grosses Privileg. Der 24-jährige Thuner wusste schon immer – er will fliegen. Am liebsten mit dem Steuerknüppel in der Hand vorne im Cockpit.
Unnachgiebig den grossen Traum verfolgt
Nach der Matura war er aber noch zu jung, um die Ausbildung als Pilot bei der Swiss zu machen, denn die war erst mit 20 möglich. So arbeitete er zuerst als Flugbegleiter, wofür er von seiner Heimat Thun nach Zürich zügelte.
Später hat er sich für die Pilotenausbildung beworben: ein langer und harter Bewerbungsprozess. Sei es Kopfrechnen oder Fliegen im Simulator – in sechs verschiedenen Etappen musste er beweisen, ob er die grosse Verantwortung im Cockpit übernehmen kann. Bei jeder Etappe hätte der Traum platzen können, wie bei so vielen anderen. Doch für Florian den Hollander wurde dieser Traum Wirklichkeit – vorerst.
Aber dann kam bei Florian den Hollander plötzlich alles anders. Kurz bevor er sein Diplom endlich in den Fingern gehalten hätte, platzte der Traum. Wegen des sich rasant ausbreitenden Coronavirus blieben die allermeisten Flugzeuge am Boden. Die grösste Krise der Geschichte ereilte die gesamte Flugbranche – quasi von einem Tag auf den anderen. Und somit war die Lizenz zum Fliegen plötzlich ganz weit weg. Und er musste seine Ausbildung für unbestimmte Zeit abbrechen.
Ein Déjà-vu vor langer Zeit
Ganz ähnlich erging es Thomas Steffen vor 20 Jahren, beim Grounding der Swissair. Die Swissair, der Stolz der aviatischen Schweiz, war plötzlich pleite. Alle Flugzeuge blieben am Boden.
Zwar konnte er seine Ausbildung zum Piloten noch abschliessen, ehe die Krise zuschlug. Jedoch war ihm nicht mehr als ein Jahr als Co-Pilot vergönnt. So war der Traum vom Fliegen vorerst wieder ausgeträumt.
Aber Thomas Steffen nahm sein Schicksal in die eigene Hand. Genau gleich wie Florian den Hollander wusste auch er nicht, wie es weitergeht und ob und wann er jemals wieder zurück ins geliebte Cockpit kann.
Aus der Not eine Tugend machen
Nach ein paar Überbrückungsjobs heuerte er in Deutschland bei einer Billigfluggesellschaft an, während er gleichzeitig auf einer Warteliste der Swiss stand. Dass sein Traum jemals wieder in Erfüllung gehen sollte, ahnte er damals nicht. Heute arbeitet er bei der Swiss – als Captain eines Airbus A320.
Er lebt heute das, wovon Florian den Hollander immer noch träumt. Inzwischen konnte der 24-Jährige zwar auch seine Ausbildung abschliessen. Bloss gibt es derzeit keine Stellen als Pilot. Darum hat er ein Studium der Verkehrssysteme an der ZHAW begonnen. Für junge Piloten ist es heute normal, auf ein zweites Standbein zu setzen. Das sei eine grosse Veränderung in der Luftfahrtbranche, sagt Thomas Steffen.
Vor 30, 40 Jahren, wenn jemand mal Swissair-Pilot war, dann konnte der sich nicht vorstellen, noch etwas Anderes zu machen. Dann war die Karriere eigentlich vorgegeben und man blieb bis zur Pensionierung. Das ist heute anders.
Doch für ihn bleibt Pilot ein Traumjob. Die Bedingungen hätten sich zwar markant verändert, doch die Fliegerei an sich sei immer noch genau gleich aufregend. Er ist überzeugt, dass sich die Branche erholt und die Fluggesellschaften bald wieder mehr Pilotinnen und Piloten brauchen.
Das würde auch für Florian den Hollander die grosse Chance bedeuten. Er sei zwar zufrieden mit seinem Studium und das wolle er jetzt auch gerne abschliessen. Aber den Traum vom Fliegen hat er nie aufgegeben. Sollte dereinst das Telefon klingeln mit einem Jobangebot – er wäre sofort bereit.