Bahnhof Ziegelbrücke (SG). Eine Sandsteintafel im Fels erinnert an einen Zürcher Kaufmann, der hier seine Spuren hinterliess: Hans Conrad Escher von der Linth. Ein viel gereister, cleverer Mann, der in die ganze Schweiz gute Kontakte hatte.
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Bild 1 von 2Legende: Ein Denkmalentwurf aus dem Jahr 1828 für Hans Conrad Escher. ZVG
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Bild 2 von 2Legende: Die Sandsteintafel beim Bahnhof Ziegelbrücke, die an Hans Conrad Escher erinnert. SRF/Karin Kobler
Escher hatte die entscheidende Idee, erzählt Archäologin Regula Steinhauser. Der Bund wollte schon im 18. Jahrhundert das Hochwasser beim Walensee eindämmen. «Das Projekt von 1784 war aber zu teuer. Während der helvetischen Revolution ging dann gar nichts. Später hatte Escher die Idee, wie das Linthwerk finanziert werden kann.»
Finanziert wurde das eidgenössische Grossprojekt über Aktien. «Diese wurden von den Kantonen und Gemeinden, Kirchgemeinden, Privaten und Handelsgesellschaften gekauft. Am Ende waren es über 4000 Aktien à 200 Franken», sagt Steinhauser.
Aktien, die damals das Geld brachten und längst zurückbezahlt wurden. Baubeginn war bei Näfels (GL). Der Sumpf nahe Walensee sorgte für Probleme. Steinhauser: «Militärische Linth-Kompanien bauten den Kanal abschnittweise. In sumpfigen Gegenden wurde im Winter gebaut. Der Boden war gefroren und begehbar. Dazu kommt: Es war alles Handarbeit.»
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Bild 1 von 3Legende: Der Bau am Molliserkanal, heute Escherkanal aus dem Jahr 1808. ZVG
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Bild 2 von 3Legende: Ein Abschnitt bei Kundertriet. ZVG
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Bild 3 von 3Legende: So sah der Linthkanal im 19. Jahrhundert aus, als Handelsschiffe darauf verkehrten. ZVG
Hans Conrad Escher begleitete die Arbeiten an der Linth vor Ort, überzeugte Bauern davon, Land abzutreten, entwickelte das Projekt technisch weiter und rechnete ab. Vor 200 Jahren, nach 15 Jahren Bauzeit, wurde das Linthwerk fertig. Jedenfalls für den Moment, sagt Steinhauser: «Escher sagte, das Linthwerk sei nie fertig. Es brauche immer Unterhalt und Weiterentwicklung. 1822 schrieb er eine Instruktion für seine Nachfolger.»
Eine Prognose, die sich bewahrheiten sollte, wie die letzten 200 Jahre zeigten. Nicht nur beim Hochwasserschutz gab es immer wieder Anpassungen. Auch die Natur rund um den Kanal rückte immer mehr ins Zentrum.
Nach dem Aufkommen der Eisenbahn diente das Linthwerk seiner ursprünglichen Funktion, dem Hochwasserschutz. Zu dieser Zeit setzte der Bund die Linthkommission mit einem Linthingenieur ein. Das ging 140 Jahre lang so weiter. Bis 2003, als sich der Bund zurückzog. Seither ist ein Konkordat der Kantone St. Gallen, Glarus, Schwyz und Zürich für das Werk zuständig.
Mehr Menschen bedeutete mehr Schutz
Als Geschenk zum Jubiläum gibt es eine Dauerausstellung bei Uznach. Markus Jud, der heute Linthingenieur ist, erzählt, wie am Anfang des Jahrtausends ein Gebiet geschaffen wurde, wo bei extremem Hochwasser ein Schieber geöffnet werden kann, um das Wasser kontrolliert in den alten Linthlauf umleiten zu können.
Das sei nötig geworden, weil immer mehr Menschen im Gebiet leben: «Die Siedlung dehnte sich aus. Das ergab einen enormen Nachholbedarf, der Schutzanspruch stieg.»
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Bild 1 von 3Legende: Ohne grosse Umwege: Der Linthkanal zwischen dem Walensee und dem Zürichsee. Keystone/Eddy Risch
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Bild 2 von 3Legende: Der Schutzanspruch stieg über die Jahre. Eine Notwasseranlage bei Bilten. SRF/Karin Kobler
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Bild 3 von 3Legende: Heute wird das Linthwerk oftmals für Freizeitaktivitäten genutzt. SRF/Karin Kobler
Gestiegen ist auch der ökologische Anspruch. 1998 bis 2013 wurde das Linthwerk für 127 Millionen Franken ein erstes Mal totalsaniert. «Mit der Revitalisierungsplanung wurden die Kantone verpflichtet, die Revitalisierung der Gewässer voranzutreiben und zu berücksichtigen.»
Für die nächsten 100 Jahre
Mehr Pflanzen, mehr Tiere und unter Umständen auch mehr Platz für den Fluss. Eine ständige und emotionale Diskussion: Wie viel Platz soll die Linth haben? Darf sie ihren Weg selbst suchen? Wo hat es Platz für Böschungen und Sträucher?
Man müsse permanent dran bleiben, sagt Jud: «Heute ist es ein Infrastrukturbauwerk, das für die nächsten 100 Jahre unterhalten, überwacht und weiterentwickelt wird. Es gibt kein Zurück mehr.»