Der Bundesrat will verbieten, Gelder aus der Pensionskasse vor der Rente zu beziehen – etwa zum Hausbau oder für eine Selbständigkeit. Grund: Die Ergänzungsleistungen (EL) für Personen, welche im Alter an Armut leiden, nehmen stetig zu. In der Tat waren im Jahr 2004 noch 146'000 Rentner auf EL angewiesen – 2013 waren es bereits knapp 186'000 Personen. Und die Statistik zeigt: fast 70 Prozent davon sind Frauen.
Viele Frauen fallen durch das Raster
Überhaupt ist das Problem der steigenden EL wohl bei den Frauen zu suchen. Nationalrätin Bea Heim (SP/SO) sagt, dass viele Frauen keine Pensionskassenbeiträge bezahlten, weil sie entweder gar nicht arbeiteten, nur Teilzeit oder trotz Vollzeitbeschäftigung zuwenig verdienten.
Ein Blick auf die Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigt: 37,9 Prozent aller Frauen in der Schweiz zahlen keine Pensionskassenbeiträge – gemessen an der weiblichen Gesamtbevölkerung zwischen 18 und 64 Jahren. Bei den Männern stehen gemessen an der männlichen Gesamtbevölkerung zwischen 18 und 64 Jahren 17 Prozent ohne die obligatorische Versicherung da.
In der beruflichen Vorsorge ist nur obligatorisch versichert, wer ein Einkommen von rund 21'000 Franken pro Jahr erzielt. Viele Frauen stolpern über diese Hürde. Die Anzahl Frauen in Teilzeitbeschäftigung ist in den vergangenen 20 Jahren massiv gestiegen. Waren beispielsweise 1991 noch 50,9 Prozent aller Frauen in einer Vollzeitbeschäftigung, waren es 2013 gerade noch 41,4 Prozent.
Hinzu kommt das Problem, dass auch Frauen, welche Pensionskassenbeiträge bezahlen, durch ihre Teilzeittätigkeiten oder ihre tiefen Löhne im Alter oft Abstriche machen müssen. Eine Berechnung des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes kommt zum Schluss, dass Männer nach ihrer Pensionierung mit einer monatlichen Rente aus der Pensionskasse in der Höhe von 2700 Franken rechnen können – Frauen erhalten im Schnitt 1400 Franken pro Monat.
Löst eine Senkung des Mindestbetrages das Problem?
Der Bundesrat will dem ein Ende bereiten. Mit dem Reformprojekt «Altersvorsorge 2020» will er die berufliche Vorsorge verbessern. Das Mindesteinkommen soll dabei auf rund 14'000 Franken herabgesetzt werden. Damit wären laut Vernehmlassungstext rund 90 Prozent der Arbeitnehmenden obligatorisch im BVG versichert.
Nach den Worten von Nationalrätin Bea Heim ist dies eine durchaus sinnvolle Massnahme – zumindest, was den Missbrauch betrifft. Viele Arbeitgeber würden Mitarbeitende heute so beschäftigen, dass sie mit ihren Pensen unter der Schwelle von 21'000 Franken im Jahr lägen. Noch mehr befürwortet Heim allerdings eine flexible Gestaltung der Einkommensversicherung – im Verhältnis zum Beschäftigungsgrad oder in Prozenten. Dies würde gewährleisten, dass keine zu kleinen Teile des Einkommens versichert würden. Denn wenig Geld in der Pensionskasse hilft genauso viel wie gar keins.
Weiter hofft Bea Heim, dass die Löhne der Frauen endlich an diejenigen der Männer angeglichen werden: «Noch immer verdienen Frauen im Schnitt 19 Prozent weniger als Männer in vergleichbaren Berufen.» Es brauche mehr Kinderkrippen und Tagesschulen, damit die Frauen mit Betreuungsaufgaben ihre Arbeitszeit selbstbestimmter gestalten oder ihr Pensum aufstocken können, um später eine höhere PK-Rente zu haben.
Der Bundesrat hat das Eidgenössische Departement des Inneren beauftragt, diese und andere Anpassungen am Reformprojekt vorzunehmen. Die Botschaft mit den Entwürfen für den Verfassungs- und den Gesetzestext soll im Herbst vorliegen.
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