Neun Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion, eine an Covid erkrankte Person im Spital: Das Corona-Virus hat das Pflegeheim «dr Heimä» in Giswil OW mit seinen gut 50 Plätzen fest im Griff. Nicht nur wegen der vielen Bewohnerinnen und Bewohner, die innert zwei Wochen an den Folgen des Virus verstorben sind – sondern auch wegen Vorwürfen von Hinterbliebenen. So soll das Pflegepersonal die Betagten etwa über mehrere Wochen ohne Masken gepflegt haben. Die Polizei hat dazu Ermittlungen aufgenommen.
Pflegeheim weist Anschuldigungen zurück
Erstmals haben sich am Mittwoch nun die Verantwortlichen des Pflegeheims zu den Vorwürfen geäussert – und sie zurückgewiesen. «Das Pflegepersonal trug in den vergangenen Wochen stets Schutzmasken», sagte Geschäftsführer Daniel Kiefer. «Das Thema Masken hat also keinen kausalen Zusammenhang mit den Todesfällen der letzten zehn Tage.»
Das Pflegepersonal trug in den vergangenen Wochen immer Schutzmasken.
Kiefer sagte allerdings auch, dass die Betreuenden während des Sommers nicht konsequent Maske getragen hätten. «Wir gingen davon aus, dass die Maskenempfehlung des BAG eine Empfehlung ist und wir darum einen Spielraum haben», sagte er.
Schutzmasken erschwerten die Betreuung der Betagten stark, darum habe man entschieden, im Sommer diesen Spielraum zu nutzen. Es könne aber nicht die Rede davon sein, dass dabei die Sicherheit der Betagten aufs Spiel gesetzt worden sei: «Als einziges Heim in Giswil hatten wir seit Beginn der Pandemie keine Corona-Opfer. Das hier ist der erste Ausbruch in eineinhalb Jahren.»
Kanton plant Runden Tisch für Sensibilisierung
Auch die Obwaldner Gesundheitsdirektorin Maya Büchi hat erstmals zum Fall Stellung genommen. Ob das Pflegeheim gegen Vorschriften verstossen habe, müssten die laufenden Untersuchungen zeigen, sagte sie auf Anfrage. Im Vorfeld habe es keine Anzeichen dafür gegeben, dass Vorgaben nicht eingehalten worden seien. «Wir sind stets in engem Kontakt mit allen Heimen und sozialen Institutionen im Kanton und führen auch Kontrollen durch», so Büchi.
Der Kanton Obwalden will vorerst keine Konsequenzen aus dem Fall des Pflegeheims «dr Heimä» ziehen. Man wolle aber die Sensibilisierung stärken, sagte Maya Büchi. Dazu sei ein Runder Tisch geplant mit den einzelnen Institutionen und Curaviva Obwalden, dem Verband der Heime im Kanton. «Die Verantwortlichen in den Institutionen müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein», sagt sie.
Impfquote in Heimen liegt über Schnitt
Von den neun verstorbenen Personen im «dr Heimä» waren sechs ungeimpft. Das scheint auf den ersten Blick zur Impfquote zu passen, die im Kanton Obwalden mit 55 Prozent zu den landesweit tiefsten gehört. Dennoch stehe es um den Schutz von Heimbewohnerinnen und -bewohnern nicht schlechter als in anderen Kantonen, sagt Theres Meierhofer, bis vor kurzem Präsidentin von Curaviva Obwalden. «In den Heimen haben wir eine Impfquote von 65 bis 98 Prozent, und auch vom Heimpersonal sind rund 70 Prozent geimpft – dazu kommt eine grosse Zahl von Angestellten, die die Krankheit bereits durchgemacht haben.»
Theres Meierhofer bestätigt, dass die Maske die Betreuung von Betagten erschwert. «Viele Menschen haben Mühe, eine Betreuungsperson akustisch zu verstehen, wenn sie Maske trägt», sagt sie.
Dazu komme, dass eine Maske die Mimik verdecke. «Es gibt Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen oder mit seelischen Krisen, für die ist es zentral, in Gesichter sehen und darin lesen zu können», so Theres Meierhofer. Es sei darum wichtig, einen «reflektieren Umgang mit Masken» zu finden.