- Für die Wahlen ins Kantonsparlament treten über 1000 Kandidierende an. Eine Auswertung von SRF und Smartvote zeigt: Es kandidieren übermässig viele Personen aus städtischen Zentren.
- Städte wie Aarau oder Baden stellen mehr Kandidierende als sie – im Vergleich zur Bevölkerungszahl – eigentlich «zugute haben».
- Eine mögliche Ursache: Parteien sind dort stärker, wo es auch in den Gemeinden Parlamente gibt.
Es ist keine grosse Überraschung, aber trotzdem bemerkenswert: Viele Kandidierenden für das Aargauer Kantonsparlament stammen aus Städten wie Baden, Brugg, Aarau, Lenzburg, Zofingen oder Rheinfelden. Diese sind im Vergleich zur Gesamtbevölkerung auf den Wahllisten klar überrepräsentiert (vgl. Tabelle).
Eine mögliche Erklärung dafür sind die (partei-)politischen Strukturen: Gerade in Gemeinden mit Einwohnerräten, also Gemeindeparlamenten, sind die Ortsparteien gut verankert. Sie müssen für die kommunalen Gremien regelmässig Kandidierende suchen und können so auch bei kantonalen Wahlen aus einem bestehenden Personalpool schöpfen.
Gemeindeparlamente und Parteien mobilisieren
Auch kleinere Gemeinden – wie zum Beispiel Buchs oder Oberrohrdorf – mit Einwohnerräten sind deshalb im Kandidierendenfeld relativ gut vertreten. Im Gegensatz dazu spielen Parteien in kleineren Gemeinden häufig eine weniger wichtige Rolle: Sogar aktive Politikerinnen und Politiker in den Gemeinderäten sind häufig parteilos. Für kantonale Wahlen muss man sich aber auf eine Liste setzen lassen und damit auch parteipolitisch Farbe bekennen.
Nicht nur kleine Gemeinden stellen im Vergleich zu städtischen Zentren weniger Kandidierende für die Aargauer Wahlen. Auffällig ist insbesondere die fehlende Präsenz von Kandidierenden aus mittelgrossen und grossen Agglomerationsgemeinden.
Die Agglomeration ist untervertreten
So sind Spreitenbach, Neuenhof, Aarburg oder Oftringen im Vergleich zu ihrer Bevölkerungszahl untervertreten. Gemeinden wie Spreitenbach oder Oftringen gehören mit gut 12'000 bzw. 14'000 Einwohnerinnen und Einwohnern zu den grössten «Dörfern» im Kanton. Dasselbe gilt für Möhlin im Fricktal – direkt neben dem übervertretenen Städtchen Rheinfelden.
Eine mögliche Erklärung dafür ist der verhältnismässig hohe Anteil der ausländischen Wohnbevölkerung. So ist in Spreitenbach zum Beispiel die Hälfte der Menschen gar nicht stimm- und wahlberechtigt. Zu erwähnen ist aber auch, dass Gemeinden wie Oftringen und Spreitenbach trotz ihrer Grösse keine Gemeindeparlamente haben – was in Oftringen schon mehrmals Anlass zu Diskussionen gegeben hat.
Natürlich gibt es auch überrepräsentierte kleinere Gemeinden. Diese sind aber vor allem in ländlichen Bezirken (z.B. Zurzach) zu finden, ein Beispiel dafür ist die Gemeinde Full-Reuenthal (vgl. Tabelle).
Stadt oder Land spielt politisch eine Rolle
Was bedeutet dieses Ungleichgewicht für die Politik im Kanton Aargau? Klar ist: Stadtbevölkerung und Landbevölkerung sind sich in vielen sachpolitischen Fragen nicht einig. Die Städte stimmen häufig linksliberaler ab als die Dörfer. Wenn es im Parlament mehr «Städterinnen und Städter» gibt als in der Bevölkerung, dann könnte die kantonale Politik an Volksnähe verlieren.
Entscheidend ist aber schliesslich, welche der über 1000 Kandidierenden tatsächlich die Wahl schaffen. Ob die vielen «städtischen» Namen auf den Wahllisten bereits ein Vorzeichen für die neue Zusammensetzung des Kantonsparlaments sind, diese Frage bleibt bis am Sonntag offen.