Das ärgert den Denkmalschutz: «Die Gemeinden sind einfach grundsätzlich überfordert, wenn sie über Baudenkmäler entscheiden müssen», sagt Martin Killias, Präsident des Schweizerischen Heimatschutzes. Nicht nur, weil diese Entscheidungen kompliziert seien, sondern «weil Baudenkmäler keinen wirtschaftlichen Wert haben.» Ein Haus mit Wohnungen, das an der gleichen Stelle stehen könnte, habe einen solchen wirtschaftlichen Wert. «Wenn eine Gemeindebehörde in einem solchen Fall gegen Nachbarn oder Leute entscheiden muss, mit denen sie im Alltag zu tun hat, dann ist sie überfordert.»
Ein typisches Beispiel: Am Mittwoch stand der ganze Gemeinderat der Thurgauer Gemeinde Braunau vor Gericht. Das fünfköpfige Gremium hatte den Abriss der ehemaligen Käserei im Dorf bewilligt – obwohl diese denkmalgeschützt war. Das Gericht sprach den Gemeinderat frei: Es seien zwar Fehler passiert, aber keine, die strafrechtlich relevant seien. Dieses Beispiel ist für Martin Killias typisch. Es zeige genau die Überforderung der Gemeinden.
Die Forderung des Heimatschutzes: Der Entscheid, ob ein denkmalgeschütztes Gebäude abgerissen oder umgebaut werden darf, soll laut Martin Killias bei den Kantonen liegen. Diese hätten mehr Distanz. «Die Erfahrung zeigt, dort passieren viel weniger Fehlentscheide.» Es gebe auch weniger Beschwerdeverfahren. Der Heimatschutz müsse selten gegen kantonale Entscheide vorgehen, sondern meistens gegen kommunale.
St. Gallen geht in die andere Richtung: Im Kanton St. Gallen wird gerade das Planungs- und Baugesetz angepasst. Ein wichtiger Teil: Die Gemeinden bekommen mehr Autonomie in Bezug auf den Denkmalschutz. Ein Abbruch oder Umbau bräuchte nicht mehr zwingend die Zustimmung der kantonalen Denkmalpflege. Diese könnte erst später über eine Beschwerde oder einen Rekurs eingreifen. Das Gesetz ist noch nicht fertig beraten. Es wurde aber vom Kantonsparlament in erster Lesung angenommen.
St. Galler Gemeinden wehren sich: «Die Gemeinden haben eine hohe Fachkompetenz», sagt Rolf Huber, Präsident der Vereinigung St. Galler Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten. Die Gemeinden könnten nicht einfach machen, was sie wollten. Sie seien an das Gesetz gebunden. Und sie könnten durchaus auch Entscheide treffen, die Leute betreffen, mit denen sie im Alltag zu tun haben. Das sei für die Gemeinden sogar normal: «Wir müssen ja auch in anderen Bereichen Entscheide treffen.»