Das Wichtigste in Kürze:
- Besucher lassen ihre gebrauchten Zelte nach dem Festival einfach stehen.
- Der Detailhandel schürt das Problem mit Billig-Zelten.
- Die Veranstalter erheben Depotgebühren, um dem Problem entgegenzuwirken.
Nach dem Openair St. Gallen vom letzten Wochenende heisst es Aufräumen. Mit dabei ist auch eine Schulklasse. Die 16-jährigen Jugendlichen aus Frauenfeld finden deutliche Worte: «Ignorant und respektlos. Faul. Krass». Sie haben kein Verständnis dafür, dass die Leute noch brauchbare Dinge einfach liegen lassen. Das gilt vor allem für die Zelte, die überall herum stehen.
Ihr Lehrer Cenzo Keller, zeigt etwas mehr Verständnis für die Situation. Er ist selber ein treuer Besucher des Openairs und putzt seit 25 Jahren mit seinen Klassen das Gelände nach der Veranstaltung. «Irgendwo müssen die Jungen auch einmal frei walten können und da gehört der Abfall eben auch dazu.» Früher, als es noch kein Glasverbot und Pfandsystem gab, sei das Aufräumen noch mühsamer gewesen: «Und seit man auch noch 20 Franken Depot für die Zelte bezahlen muss, ist es noch besser geworden.» Tatsächlich sind in diesem Jahr beinahe 90 Prozent der Zelte wieder mitgenommen worden.
Veranstalter und Detailhandel sind gefordert
Die Veranstalter des St. Galler Open Airs sind gefordert. Ihr Festival findet in einem Landschaftsschutzgebiet statt. In der Branche gelten sie als besonders innovativ, was die Nachhaltigkeit angeht und die Umweltschutzorganisation WWF hat ihnen schon mehrmals die Auszeichnung «Umwelt-Champion» verliehen. Doch nicht alle Kampagnen und nicht jede gute Idee fruchtet. Beispielsweise eine internationale Kampagne, die die Besucher davon überzeugen wollte, möglichst ein Leben lang, dasselbe Openair-Zelt zu benutzen.
Cyrill Stadler, Vizepräsident und Finanzchef des Open Air St. Gallen bedauert dies, sieht jedoch auch den Detailhandel in der Pflicht: «Wenn man für 29 Franken ein Zelt erhält und dieses schon beim ersten Abbrechen zerreisst, verstehe ich die Besucher, wenn sie es einfach liegen lassen oder entsorgen.» Was er aber nicht verstehe: «dass man überhaupt solche Zelte produziert.»
Auf Anfrage von Espresso betonen alle Detailhändler, dass ihre Zelte keine Einwegzelte seien.
Reaktionen aus dem Detailhandel:
- Athleticum: «Die Veranstalter haben es in der Hand, mit guten Pfandsystemen ein Umdenken der Besucher über das Portemonnaie zu erreichen. Die Preise anzuheben geht nicht, dann wären wir nicht mehr konkurrenzfähig»
- Interdiscount: «Unsere Zelte sind qualitativ zur Wiederverwendung ausgelegt. Wir gehen davon aus, dass unsere Kundinnen und Kunden diese jeweils länger nutzen.»
- Coop: «Für uns ist es selbstverständlich, dass Zelte nicht einfach in der Landschaft liegen gelassen werden, dies ganz unabhängig vom Preis. Wir zählen dabei auf die Eigenverantwortung unserer Kunden.»
- Migros (Sponsor Open Air St. Gallen): «Wir arbeiten mit den Organisatoren zusammen und bieten den Events konkrete Tools an, um die Situation zu verbessern. Viele Events konnten messbare Verbesserungen erzielen: Im Bereich Anreise mit dem ÖV, Recycling von Abfall, Rücknahmesystemen von Geschirr etc.»