Zwei Millionen Franken: So viel Geld ist für 2017 vorgesehen, um abgeschobene Flüchtlinge mit medizinischem Personal zurück ins Herkunftsland zu bringen. Diese Zahlen steigen stetig – und mit ihnen auch die Kosten. Für Constantin Hruschka, Rechtsdienstleiter der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, entstehen diese hohen Kosten durch die verschärfte Rechtspraxis der Schweiz.
SRF News: Weshalb sehen Sie einen Zusammenhang zwischen den medizinischen Kosten und der Rechtspraxis?
Constantin Hruschka: Anders als früher erhalten Personen mit medizinischen Problemen häufiger einen ablehnenden Entscheid und werden ins Herkunftsland zurückgeschafft. Für uns eine ungerechtfertigte Praxisverschärfung.
Die Ärzte stehen auch vor einem ethischen Problem.
Personen, die auf medizinische Betreuung angewiesen sind, haben heute also weniger grosse Chancen, vorläufig in der Schweiz aufgenommen zu werden?
Ja, das ist eine Konsequenz. Und sie haben auch weniger häufig überhaupt die Chance, in der Schweiz ins Asylverfahren zu kommen. Stattdessen weist man auch in Fällen mit schwerwiegenden medizinischen Problemen die Zuständigkeit einem anderen europäischen Land zu. Und weil die Personen tatsächlich psychisch oder physisch krank sind, müssen sie bei der Ausschaffung begleitet werden.
Wir gehen den rechtlichen und den politischen Weg, um die Praxisverschärfung wieder zu lockern.
Und das heisst auch: Die Ärzte, die auf diesen Ausschaffungsflügen mit dabei sind, sind zusätzlich gefordert.
Sie sind fachlich gefordert und gleichzeitig stehen sie auch vor einem ethischen Problem: Als Arzt sind sie eigentlich dafür verantwortlich, Menschen zu behandeln. Bei einer Zwangsmassnahme wie einer Ausschaffung steht das aber nicht mehr im Fokus. Sie müssen sich fragen, ob sie so eine Zwangsausschaffung überhaupt begleiten können.
Wie wollen Sie erreichen, dass diese Praxisverschärfung wieder gelockert wird?
Als Dachverband der Flüchtlingshilfwerke gehen wir einerseits den rechtlichen Weg: Wir reichen Beschwerde ein bei Fällen, wo wir glauben, dass die Ausschaffungsmodalitäten nicht den menschenrechtlichen Vorgaben entsprechen. Und andererseits suchen wir den politischen Diskurs, der diese Entscheidungen stark beeinflusst.
Das Gespräch führte Daniel Eisner