Vor einem Jahr hatte das Parlament beschlossen, dass die Einführung der Individualbesteuerung in die laufende Legislaturplanung des Bundesrats aufgenommen werden soll. Nun hat der Bundesrat eine Auslegeordnung zuhanden des Parlaments verabschiedet. Der Bundesrat hat nun drei konkrete Modelle präsentiert.
- Bei der reinen Individualbesteuerung würden Ehepaare genau gleich besteuert wie Konkubinatspaare. Wegen der Progression ist die kumulierte Steuerbelastung mit diesem Modell wesentlich von der Einkommensaufteilung untereinander abhängig. Paare mit einem Einkommen zahlen im Vergleich zu Paaren mit zwei Einkommen beim gleichen Gesamteinkommen somit mehr Steuern. Dies steht laut dem Bundesrat im Widerspruch zum verfassungsrechtlichen Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.
- Die modifizierte Individualbesteuerung sieht Massnahmen vor, um Konstellationen mit ungleicher Einkommensverteilung zwischen Partnerinnen und Partnern auszugleichen. Für Paare mit nur einem Einkommen ist zum Beispiel ein Einkommensabzug möglich: Dem Partner oder Partnerin mit dem höheren Einkommen wird ein zusätzlicher Abzug gewährt. Oder sie nutzen die Möglichkeit der Einkommens- oder Abzugsübertragung: Die Person mit dem höheren Einkommen kann einen Teil des Einkommens übertragen. Oder auch Abzüge, die bei einem Ehepartner wegen des tiefen Einkommens nicht geltend gemacht werden können, können übertragen werden.
- Das Schweizer Forschungs- und Beratungsunternehmen Ecoplan schlägt eine dritte Art der Individualbesteuerung vor. Hauptelement ist die Entlastung von Haushalten mit Kindern . Analog zur heutigen Besteuerung von Alleinerziehenden und Konkubinatspaaren mit Kindern soll der Elterntarif für Steuerpflichtige mit Kindern beibehalten werden. Die Kinderkosten werden somit mit einem tieferen Tarif, einem Abzug vom Steuerbetrag pro Kind und weiteren kinderrelevanten Abzügen berücksichtigt. Für Paare mit nur einem Einkommen und Alleinstehende wären jedoch keine Massnahmen vorgesehen.
Doch welches der Modelle kommt am besten an bei der Politik? SRF-Redaktor Curdin Vincenz hat bei der FDP nachgefragt. Sie hatte den Bundesrat zu diesem Bericht aufgefordert. «Bei der FDP ist man mit den Vorschlägen zufrieden, findet sie interessant. Das ändert aber nichts daran, dass die FDP-Frauen bereits eine Volksinitiative lanciert haben.»
Die St. Galler Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher sagt denn auch: «Wir werden trotz dieses Berichts natürlich mit Volldampf weiterhin unsere Initiative für die Individualbesteuerung vorantreiben, denn sie wird zum Ziel haben, dieses Anliegen auch auf Verfassungsstufe zu implementieren.» Nur mit der Einzelbesteuerung sei es für beide in einer Partnerschaft auch attraktiv, viel zu arbeiten, so der Standpunkt der FDP.
Die Sache wäre so einfach. (...) Ich sehe diese fast schon ideologische Debatte nicht ein.
«Die Mitte» bleibt hingegen dabei: Sie will die Heiratsstrafe ohne diesen Systemwechsel abschaffen. Sonst werde es einfach zu kompliziert, sagt zum Beispiel die Aargauer Nationalrätin Marianne Binder. «Die Sache wäre so einfach, die Kantone haben die Heiratsstrafe abgeschafft. Mit der gemeinsamen Besteuerung auf Bundesebene könnte man das längst nachvollziehen. Ich sehe diese fast schon ideologische Debatte nicht ein.» Deshalb hat die Partei angekündigt, ihre Steuervolksinitiative im Frühling leicht umformuliert wieder aus der Schublade zu ziehen.