Mehrere Schweizer Kantone treiben die Einführung von E-Voting voran. Doch eines der in der Schweiz bereits angewendeten Systeme wurde schon gehackt.
Die Stimmbürger sollen darüber entscheiden können, ob die Demokratie digital gelebt werden soll, findet ein Komitee um den SVP-Nationalrat Franz Grüter. Es will deshalb eine Volksinitiative lancieren. Grüter erklärt die Beweggründe.
SRF News: Was haben Sie gegen die Einführung von E-Voting?
Franz Grüter: Der Hauptgrund ist, dass es grosse Manipulationsrisiken gibt. E-Voting-Systeme hatten dort, wo sie getestet oder eingesetzt wurden, Probleme. Es gab in den USA Manipulationen, es wurden E-Voting-Tests in Norwegen, Frankreich und England abgebrochen. In Finnland hat die Regierung entschieden, dass E-Voting keine Vorteile bringt und Sicherheitsrisiken beinhaltet. Es ist eine Gefahr für die Demokratie in der Schweiz, wenn das Vertrauen in Abstimmungen und Wahlen plötzlich nicht mehr da ist, wenn nur schon der Verdacht besteht, dass Abstimmungen oder Wahlen manipuliert werden könnten.
14 Schweizer Kantone haben bereits Erfahrungen damit gemacht. Spielen diese insgesamt positiven Erfahrungen keine Rolle in Ihren Erwägungen?
Was mich sehr stört, ist die Art und Weise, wie E-Voting hier eingeführt wird. Es wird nämlich ohne demokratischen Entscheid eingeführt. Die gesetzliche Grundlage, die wir in der Schweiz haben, lässt lediglich Tests zu. Doch die Bundeskanzlei will zusammen mit den Kantonen bis zu den nächsten nationalen Wahlen in zwei Dritteln der Kantone flächendeckend E-Voting einführen. Die Gesetzesanpassungen, um das definitiv einzuführen, will man erst 2020/2021 im Parlament beraten.
Wir möchten jetzt die Notbremse ziehen und einen politischen Diskurs darüber führen können, ob wir das wirklich wollen oder nicht
Dann ist es aber viel zu spät, weil es dann schon eingeführt ist. Wir möchten jetzt die Notbremse ziehen und einen politischen Diskurs darüber führen können, ob wir das wirklich wollen oder nicht
Der Bundesrat hat bis jetzt immer betont, Sicherheit komme vor Tempo in Sachen E-Voting. Vertrauen Sie dieser Aussage nicht?
Es gibt in der Schweiz zwei Systeme, die zur Verfügung stehen. Eines ist das so genannte Genfer-System. Es wurde vom Kanton Genf entwickelt. Es wurde 2013 gehackt. Das wurde auch öffentlich bekannt. Derjenige, der es geschafft hat, das Genfer System zu manipulieren, hat sogar YouTube Videos darüber veröffentlicht.
Das zweite System stammt offiziell von der Post, wurde aber von einer spanischen Firma entwickelt, die in amerikanischem Besitz ist. Ich bin zusammen mit vielen anderen Experten überzeugt, dass auch hier Manipulationen möglich sind. Stellen Sie sich vor, wenn Sie eine Abstimmung haben, bei der es um Milliarden geht, wie zum Beispiel bei der Kampfjet-Beschaffung, da kann man nicht ausschliessen, dass Gelder gesprochen werden, um solche Systeme zu manipulieren und damit Wahlen und Abstimmungen zu verfälschen.
Sie kommen aus der IT-Branche. Sehen Sie keine Möglichkeit, dass E-Voting je eine sichere Abstimmungsweise sein wird?
Nur schon der Gedanke, dass Sie an einem Sonntagabend die Meldung erhalten, dass es Unsicherheiten im System, das die Stimmen auszählt, gab, wird das Vertrauen in Abstimmungen und Wahlen zerstören. Das Risiko ist da. Vor allem lässt es sich nicht rückverfolgen. Wenn das Vertrauen in Abstimmungs- und Wahlsysteme mal gebrochen ist, dann haben wir eine Gefahr für die Demokratie.
Die E-Voting-Tests laufen schon seit 14 Jahren. Warum kommen Sie erst jetzt mit einer Initiative?
Bis jetzt waren es eher marginale Tests mit Auslandsschweizern. Wir IT-Fachleute sind davon ausgegangen, dass – bevor eine flächendeckende Einführung geschieht – darüber gesprochen wird, dass es ins Parlament kommt, denn das Gesetz der politischen Rechte muss angepasst werden.
Wenn es nach der Bundesverwaltung geht, soll E-Voting über die Hintertür ohne politische Diskussion eingeführt werden
Doch wenn es nach der Bundesverwaltung geht, soll E-Voting über die Hintertür ohne politische Diskussion eingeführt werden. Das kann es nicht sein in unserem Land.