Es war ein Paukenschlag im Februar 2020. Das Schaffhauser Stimmvolk nahm überraschend eine Initiative der Juso an, wonach alle Parteien ihre Spenden und Beiträge offenlegen müssen. Umgesetzt ist die Initiative jedoch bis heute nicht. Es folgten ein langes Ringen um die Umsetzung, Störmanöver, Parlaments- und Bundesgerichtsentscheide. Nun soll ein letzter Volksentscheid dem Hin und Her ein Ende setzen. SRF-Korrespondent Roger Steinemann erläutert die wichtigsten Fragen.
Warum wurde die Initiative bis heute nicht umgesetzt?
Es zeigte sich schon kurz nach der Abstimmung, dass sich Kanton und die bürgerliche Mehrheit des Parlaments schwertaten mit dem Entscheid des Stimmvolks. Die Schaffhauser Regierung bezeichnete ihn als kaum umsetzbar. Das Kantonsparlament seinerseits schwächte die Initiative ab. Es hiess einen Vorstoss der FDP gut, der verlangte, dass die Offenlegung der Parteibeiträge «mit Augenmass» umzusetzen sei.
Wie reagierten die Initianten der Transparenz-Initiative darauf?
Die waren natürlich nicht begeistert und kritisierten das Vorgehen von Regierung und Kantonsrat scharf. Als Reaktion lancierten Juso, SP und Grüne die sogenannte Umsetzungsinitiative. Darin hielten die Parteien klar an der Offenlegung der Parteifinanzierung fest. Aber sie kamen den Kritikern auch entgegen: Die Vorschriften sollten nämlich nur noch in den fünf grössten Schaffhauser Gemeinden mit mehr als 3000 Einwohnerinnen und Einwohnern gelten, sowie natürlich bei kantonalen Volksabstimmungen.
Waren die Bürgerlichen und die Regierung damit zufrieden?
Nein, die Gegner wehrten sich weiter, kurz nachdem die Umsetzungsinitiative zustande gekommen war. Die bürgerliche Kantonsratsmehrheit wollte die Schaffhauser Bevölkerung nur über den «Augenmass»-Vorstoss der FDP abstimmen lassen. Dies hätte zur Folge gehabt, dass die Umsetzungsinitiative der linken Parteien für ungültig erklärt worden wäre.
Wie wurde das Hin und Her zu einem Fall für die Gerichte?
Die Befürworter der Finanztransparenz reichten beim Bundesgericht Beschwerde ein. Das höchste Schweizer Gericht kam zum Schluss, dass der Schaffhauser Kantonsrat den Willen des Stimmvolkes ignoriert hatte und die ursprüngliche Transparenz-Initiative zu respektieren sei. Deshalb kann das Volk jetzt sowohl über die Umsetzungsinitiative als auch über den Gegenvorschlag befinden.
Wie sehen die Befürworter der Umsetzungsinitiative ihre Chancen?
Linke Parteien in Schaffhausen zeigen sich optimistisch. Die Stimmberechtigten hätten sich bereits 2020 für umfangreiche Transparenzregeln ausgesprochen. Und diese seien nach wie vor nicht umgesetzt – aufgrund einer «Verwässerungsstrategie» von Regierung und einer Mehrheit des Kantonsrats. Grüne, SP und Juso sind überzeugt, dass mit der Umsetzungsinitiative die bestehende Verfassungsbestimmung ergänzt und verbessert würde.
Was sagen die Gegner?
Die Mehrheit des Kantonsrats, namentlich die bürgerliche Ratsseite, hält an ihrer Meinung fest: Detaillierte Bestimmungen zur Parteienfinanzierung und die Offenlegung von Interessensbindungen gehörten nicht in die Kantonsverfassung. Wer, was, wann, wo offenlegen müsse, könne auf Gesetzesstufe festgehalten werden. Der Vorstoss, den der Kantonsrat nach der Transparenz-Initiative verabschiedet habe, erfülle genau diese Voraussetzung. Für die Gegner ist damit der Transparenz Genüge getan.