Linksextreme, die an einer Demonstration Scheiben einschlagen oder Klimaaktivistinnen, die sich auf die Strasse kleben: Sie sind der Jungen SVP des Kantons Zürich ein Dorn im Auge. Ende 2022 hat die Partei deshalb die sogenannte «Anti-Chaoten-Initiative» eingereicht. Am 3. März kommen sowohl die Initiative als auch der Gegenvorschlag des Kantonsparlaments zur Abstimmung.
Die Initiative fordert insbesondere zwei Dinge: Wer bei einer unbewilligten Demonstration Sachen beschädigt und einen grossen Polizeieinsatz auslöst, der soll für die Kosten aufkommen. Zudem soll für Demonstrationen generell eine Bewilligungspflicht gelten. Neben der SVP unterstützen auch die FDP, die EDU und der kantonale Gewerbeverband die Initiative.
Dass Verursacher die Kosten tragen, ist aus unserer Sicht gerechtfertigt.
Laut Sandro Strässle, dem Präsidenten der jungen SVP Kanton Zürich, sollen mit der Initiative Menschen in die Pflicht genommen werden, die rechtswidrig handeln: «Dass sie die Kosten tragen, ist aus unserer Sicht gerechtfertigt.» Denn es könne nicht sein, dass die Allgemeinheit für teure Polizeieinsätze zahlen müsse.
Gegenvorschlag soll präventive Wirkung haben
Gerade in der Stadt Zürich finde mittlerweile fast jeden Tag eine Demonstration statt, ein Drittel davon ohne Bewilligung. Strässle sagt: «Wir sehen die Auswirkungen, die das auf Mitmenschen hat.» Viele Leute stehen auf ihrem Arbeitsweg im Stau oder würden sonst in ihrem Alltag gestört.
Die Initiative geht viel zu weit und lässt sich nicht umsetzen.
Dass «Chaoten» stärker zur Verantwortung gezogen werden sollen, fänden die Grünliberalen zwar eigentlich richtig, sagt GLP-Kantonsrätin Andrea Gisler. Trotzdem stellt sich ihre Partei gegen die Initiative und unterstützt stattdessen den Gegenvorschlag, ebenso die Mitte und die EVP. Der Grund: «Die Initiative geht viel zu weit und lässt sich nicht umsetzen.» Zum Beispiel sei es rechtlich gar nicht möglich, einen so grossen Kreis von Leuten für eine Sachbeschädigung zu belangen.
Stattdessen verlangt der Gegenvorschlag, dass Kosten für Polizeieinsätze auf diejenigen Personen abgewälzt werden, die vorsätzlich gehandelt haben. Der Unterschied zum Status quo: Aktuell können Kosten überwälzt werden, sie müssen es aber nicht. «Das kann eine präventive Wirkung haben», sagt Andrea Gisler.
Linke Parteien stellen sich gegen Kollektivstrafen
Linke Parteien, konkret die SP, die Grünen und die Alternative Liste, lehnen sowohl die Initiative als auch den Gegenvorschlag ab. Die SP beispielsweise bezeichnet beide Varianten als gefährlich und rechtswidrig. Eine Kollektivbestrafung, wie sie die Initiative vorsehe, sei nicht sinnvoll.
Auch Menschen, die friedlich an einer Demonstration teilnehmen, könnten mit hohen Kosten belastet werden
Und die Partei sieht weitere Probleme: «Wir müssen davon ausgehen, dass auch Menschen, die friedlich an einer Demonstration teilnehmen, mit hohen Kosten belastet werden», sagt SP-Kantonsrätin Leandra Columberg. Das sei rechtswidrig und schade der Demokratie.
Aus Angst vor den hohen Kosten könnten nämlich viele Menschen darauf verzichten, auf die Strasse zu gehen und friedlich für ihre Anliegen zu demonstrieren, sagt Columberg. «Das wäre ein grosses Problem.» Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sieht die Demonstrationsfreiheit in Gefahr und lehnt daher beide Vorlagen ab.