Der Titel der Vorlage tönt kompliziert. Aufgabenentflechtung zwischen Staat und Gemeinden klingt abstrakt, das Ziel der Vorlage scheint jedoch einfach: Verschiedene Aufgaben des Kantons sollen an die Gemeinden übergehen. Deren Autonomie soll so gestärkt werden.
Der Freiburger Staatsrat empfiehlt der Freiburger Stimmbevölkerung, die Vorlage anzunehmen. Das Kantonsparlament hiess die Vorlage mit 68 zu 29 Stimmen gut. «Für die Qualität ist es wichtig, dass jede Leistung von der geeignetsten Stelle übernommen wird», sagt der Freiburger Staatsratspräsident Didier Castella.
Finanziell ein Nullsummenspiel
Die Gemeinden sollen in den Bereichen familienergänzende Tagesbetreuungseinrichtungen, Hilfe und Pflege zu Hause sowie der Betreuung von Betagten in Pflegeheimen mehr Kompetenzen erhalten, müssen aber auch die Kosten voll übernehmen. Im Gegenzug übernimmt der Kanton die Finanzierung von Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen voll.
Dies führt für den Staat zu einer Zunahme der Ausgaben von rund 75 Millionen Franken, welche wiederum von den Gemeinden eingespart werden. Um dies auszugleichen, schlägt der Staatsrat vor, dass die Gemeinden künftig die Ergänzungsleistungen für ältere Menschen bezahlen.
«So entsteht finanziell ein Nullsummenspiel», sagt Castella. Aufgrund des Bruttoaufwands von 75 Millionen Franken unterliegt die Vorlage dem obligatorischen Finanzreferendum.
Langfristige finanzielle Auswirkungen kaum abzuschätzen
Im Kantonsparlament hatten SP und Grüne die Vorlage bekämpft. Die langfristigen finanziellen Auswirkungen für die Gemeinden seien zu unsicher. «Wir rechnen damit, dass die Kosten in den betroffenen Bereichen in den nächsten Jahren explodieren», sagt Bettina Beer, Co-Präsidentin der Grünen Freiburg. Leidtragende wären die Gemeinden.
Es ist keine Frage von links oder rechts, sondern vom gesunden Menschenverstand.
Aus denselben Gründen hat auch die SVP offiziell die Nein-Parole beschlossen. «Es handelt sich nicht um eine Frage von links oder rechts, sondern um eine des gesunden Menschenverstands», sagt SVP-Grossrat Eric Barras, der auch Gemeindepräsident von Châtel-sur-Montsalvens im Greyerzbezirk ist.
Irgendwann müssen wir die Aufgaben im Kanton sinnvoller verteilen.
Die Freiburger Kantonsregierung räumt ein, dass man die langfristigen finanziellen Auswirkungen nicht genau voraussehen könne. «Das kann man aber immer als Ausrede brauchen», sagt Didier Castella. «Irgendwann müssen wir den ersten Schritt machen, um die Aufgaben sinnvoller zu verteilen.» Der Staatsrat will alle drei Jahre überprüfen, wie sich die Kosten des Pakets entwickelt haben und bei Bedarf Korrekturen vornehmen.
Über die Vorlage wird am Sonntag, 12. November, abgestimmt. Es handelt sich dabei erst um eine erste Tranche von Aufgabenentflechtungen. Bei einer Annahme würden die Arbeiten für ein zweites Paket in Angriff genommen. Dabei gehe es voraussichtlich hauptsächlich um Themen aus den Bereichen Schule und Bildung.