«Ich freue mich vor allem für diese jungen Menschen, die schon immer in der Schweiz leben und hier bestens integriert sind.» So äusserte sich Justizministerin Simonetta Sommaruga über das Ja bei der Abstimmung über die erleichterte Einbürgerung für die dritte Generation: «Sie gehören zu uns. Nun können sie auch politisch mitbestimmen.»
Sie freue sich aber auch für die Generation der Eltern und Grosseltern. Für diese sei das Ja bei der Abstimmung eine Anerkennung. Sie hätten vor Jahrzehnten mitgeholfen, die Schweiz aufzubauen.
Die Einbürgerung sei ein politisch höchst umstrittenes Thema. Für das Resultat vom Sonntag habe es vier Anläufe für einen Bundesbeschluss gebraucht, sagte Sommaruga. Dieses Mal habe es geklappt – auch deshalb, weil es sich um eine moderate Vorlage gehandelt habe. Das Parlament habe einen Kompromiss gefunden.
Aufforderung zur Mitgestaltung
Wie viele von der erleichterten Einbürgerung Gebrauch machen werden, ist offen. Sommaruga ermunterte die jungen Ausländer der dritten Generation, «die Chance zu nutzen und ihre Heimat mitzugestalten».
Das Ausführungsgesetz zum heute vom Volk angenommenen Verfassungsartikel hat das Parlament bereits beschlossen. In den nächsten Tagen beginnt die Referendumsfrist zu laufen. Sommaruga geht davon aus, dass die neuen Bestimmungen spätestens in einem Jahr in Kraft treten werden.
Vier Anläufe mit Bundesbeschlüssen
Zum ersten Mal haben heute die Stimmberechtigten Ja zu Einbürgerung gesagt. Bisher gab es an der Urne bei entsprechenden Bundesbeschlüssen (BB) jeweils ein Nein . Aber auch Volksinitiativen für höhere Hürden bei Einbürgerungen blieben chancenlos.
- 4. Dezember 1983: Der BB über die erleichterte Einbürgerung für junge Ausländer der zweiten Generation wird mit 55,2 Nein-Stimmen abgelehnt.
- 12. Juni 1994: Der BB über die erleichterte Einbürgerung für junge Ausländer scheitert am Ständemehr. Das Volk sagte zwar mit 52,8 Prozent Ja und auch die SVP hatte damals die Ja-Parole herausgegeben.
- 26. September 2004: Die erleichterte Einbürgerung der zweiten (56,8 Prozent Nein) und dritten Ausländergeneration (51,6 Prozent Nein) wird abgelehnt.
- 12. Februar 2017: Im vierten Anlauf wird heute der BB über die erleichterte Einbürgerung von Personen von Volk und Ständen angenommen.
Chancenlose Volksinitiativen
Auch vier Volksinitiativen für höhere Einbürgerungshürden blieben in der Schweiz bislang chancenlos:
- 11. Juni 1922: Die Volksinitiative «betreffend die Erlangung des Schweizerbürgerrechts» mit verschärften Voraussetzungen für Einbürgerungen wird mit 84,1 Prozent der Stimmen abgelehnt.
- 20. Oktober 1974: Die Volksinitiative «gegen die Überfremdung und Überbevölkerung der Schweiz» scheitert mit 65,8 Prozent Nein. Sie verlangte die Begrenzung der jährlichen Einbürgerungen auf 4000 Personen.
- 13. März 1977: Gegen die Initiative «für eine Beschränkung der Einbürgerungen» sprechen sich 66,2 Prozent der Stimmenden aus. Einbürgerungen sollten auf 4000 pro Jahr beschränkt werden, wenn die Bevölkerung 5,5 Millionen übersteigt.
- 1. Juni 2008: Die Volksinitiative «für demokratische Einbürgerungen» der SVP fällt bei der Abstimmung mit 63,8 Prozent Nein-Stimmen durch. Damit bleiben Einbürgerungen an der Urne ausgeschlossen.