Darum geht es: Die Velo-Initiative verlangt, dass Velofahren wie auch Wandern vom Bund gefördert wird: Artikel 88 der Bundesverfassung über die «Fuss- und Wanderwege» soll künftig Art. 88 «Fuss-, Wander- und Velowege» heissen. Der Bund soll verpflichtet werden, den Veloverkehr stärker zu fördern – unter anderem mit Geldern.
Egal ob in Rom, Berlin oder Montreal: Überall gibt es durchgehende Velo-Wege, die vom übrigen Verkehr entflochten sind. Die Schweiz ist im internationalen Vergleich teils immer noch ein Entwicklungsland.
Das wurde entschieden: Der Nationalrat stellte sich hinter den direkten Gegenvorschlag zur Initiative: Das Velo findet Eingang in den Verfassungsartikel. Allerdings bleiben die Kompetenzen von Kantonen und Gemeinden gewahrt. Der Entscheid zugunsten des direkten Gegenvorschlags fiel mit 120 zu 67 Stimmen (1 Enthaltung).
Die Debatte: Auch in der grossen Kammer sympathisierten viele Räte mit der Initiative. Jürg Grossen (GLP/BE) outete sich als passionierter Velofahrer. Er habe die Initiative schon im frühen Stadium unterstützt, auch wenn er nicht im Initiativkomitee sei: «Egal ob in Rom, Berlin oder Montreal: Überall gibt es durchgehende Velo-Wege, die vom übrigen Verkehr entflochten sind.» Die Schweiz sei im Vergleich mit solchen Beispielen ein Entwicklungsland.
Auch VCS-Präsidentin Evi Allemann (SP/BE) sprach von massivem Nachholbedarf: «Viele Menschen würden ihr Velo gerne öfter benutzen. Sie fühlen sich aber nicht sicher.»
Die Kantone und Gemeinden wissen genau, wo sie ansetzen müssen. Die Initiative braucht es nicht.
Thomas Hurter (SVP/SH) sah dagegen «sehr gut ausgebaute Velo-Wege in der Schweiz» und eine starke Velo-Lobby. Das Velo sei das umweltfreundlichste Verkehrsmittel und grundsätzlich zu begrüssen, so der Präsident des Automobil Clubs Schweiz (ACS).
Das Velo sei aber nicht das Allheilmittel für sämtliche Verkehrsprobleme und auch kein Ersatz für den motorisierten Verkehr. «Die Kantone und Gemeinden wissen genau, wo sie ansetzen müssen. Die Initiative braucht es nicht», sagte Hurter. Die SVP lehne auch den Gegenvorschlag ab: «Gleicher Inhalt, andere Verpackung». Rino Büchel (SVP/SG) schloss sich dem an: Er fahre gerne Velo, wolle sich aber keine «Velo-Kultur» vom Bund aufoktroyieren lassen.
Wer für das Velo ist, ist nicht gegen das Auto.
Das sagt der Bundesrat: Verkehrsministerin Doris Leuthard sprach sich selbstredend für den eigenen Gegenvorschlag aus. 44 Prozent der Schweizer Wohnbevölkerung zwischen 15 und 74 Jahren würden Velofahren als eine ihrer liebsten Freizeitaktivitäten sehen. Zudem sollten Auto und Velo nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Die Debatte sei grundsätzlich zu begrüssen. Die Forderung, das Velo dem Wandern in der Verfassung gleichzustellen, gerechtfertigt. Aber: «Der Bund solle Kantone und Gemeinden unterstützen. Das heisst koordinieren und informieren. Alles, was über die föderalen Zuständigkeiten hinausgeht, lehnen wir ab.» Das Fazit des Bundesrätin: Können, nicht müssen.
Wird die Initiative zurückgezogen? Die Initianten von Pro Velo hatten bereits nach dem Ja im Ständerat angekündigt, dem Gegenvorschlag auch im Nationalrat zum Durchbruch verhelfen zu wollen. Die Chancen sind entsprechend gross, dass die Initiative nun zurückgezogen wird. VCS-Präsidentin Allemann bestätigt im Rat, dass die Trägerschaft zum Rückzug der Initiative bereit sei. Sollte die Initiative zurückgezogen werden, wird das Volk dereinst nur noch über den Gegenvorschlag abstimmen.