Hätte das Schweizer Volk in der letzten Woche über die «Initiative gegen die Abzockerei» abgestimmt, hätten 64 Prozent bestimmt oder eher dafür gestimmt. Damit geniesst das Anliegen des parteilosen Schaffhauser Ständerats Thomas Minder praktisch unverminderte Unterstützung.
Auch auf der Seite der Gegner hat sich seit der ersten Befragung Mitte Januar fast nichts verändert: 27 Prozent der Befragten würden aktuell bestimmt oder eher ein Nein einlegen. Das sind lediglich zwei Prozentpunkte mehr als noch im Januar. Noch unschlüssig sind 9 Prozent derjenigen, die am 3. März sicher an die Urne gehen wollen.
Wirkung der Causa Vasella ist unbekannt
Wie sich die – inzwischen zurückgenommene – Millionen-Abfindung für den abtretenden Novatis-Verwaltungsratspräsident Daniel Vasella auswirkt, lässt sich nicht sagen: Diese wurde erst am letzten Tag der einwöchigen Befragung bekannt.
Dass sich die Zustimmungswerte zu einer Initiative so stabil entwickeln, ist «eher ausserordentlich», wie gfs.bern im Bericht zur Umfrage schreibt. Normalerweise gewinnen die Gegner einer Initiative im Lauf der Kampagne an Unterstützung, zugleich schmilzt das Ja-Lager. Dass dies bei der Abzocker-Initiative nicht so ist, dürfte an der langen und emotional geführten Diskussion um das Thema liegen.
Die Bevölkerung sehe bei der Abzocker-Problematik schon lange Handlungsbedarf, so gfs.bern. Eine Mehrheit findet offenbar, dass die Initiative besser wirke als der indirekte Gegenvorschlag. Bei der Befragung sagten lediglich 30 Prozent, dass sie hinter der Gesetzesvorlage der eidgenössischen Räte stehen, 42 lehnten sie ab.
Die Basis misstraut bürgerlichen Eliten
Unter den Anhängern der grossen Parteien zeigt sich auf den ersten Blick ein klassisches Links/Rechts-Muster. SP und Grüne stehen klar dahinter, FDP.Die Liberalen und SVP haben sich dagegen ausgesprochen. Gerade bei letzterer gibt es aber viele Abweichler. Insgesamt wollen von den SVP-Wählern laut der Befragung 64 Prozent bestimmt oder eher ja stimmen – obwohl die nationale Delegiertenversammlung die Nein-Parole beschlossen hat.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Anhängern der FDP.Die Liberalen. Auch hier will eine – wenn auch knappe – Mehrheit von 51 Prozent für die Vorlage stimmen, obwohl die Parteileitung die Nein-Parole beschlossen hat. Die Zustimmung ist seit der ersten Befragung im Januar gar noch um 4 Prozentpunkte gewachsen. Entsprechend spricht gfs.bern von einem Konflikt zwischen Elite und Basis: Die Parteioberen sind dagegen, die Wähler dagegen hegen grosse Sympathien für die Initiative.
Vieles deutet auf ein Ja
Die Wählenden wurden auch gefragt, was sie von den wichtigsten Argumenten von Befürwortern und Gegnern halten. Am meisten überzeugt das Anliegen, dass die Aktionäre über Gehälter der Manager bestimmen können: Vier Fünfteln der Befragten sind damit einverstanden – das ist sogar noch leicht mehr als bei der ersten Befragung im Januar.
Zustimmungswerte von jeweils über 70 Prozent erhielten die Aussagen, dass mit der Initiative den hohen Löhnen und der Raffgier von Managern ein Riegel geschoben werden kann. Die Argumente der Gegner dagegen kommen auch in der zweiten Befragung weniger gut an.
Obwohl die Umfrage lediglich eine Momentaufnahme der Stimmung ist, deutet vieles auf ein Ja zur Abzocker-Vorlage am 3. März. Zwar lassen die Daten von gfs.bern keine Vorhersagen über das Ständemehr zu. Die Zustimmung ist aber derzeit so gross, dass die Gefahr einer mehrheitlichen Ablehnung der Kantone kaum besteht.