Er habe nichts gegen die Bauern, im Gegenteil: «Die Landwirtschaft ist mir wichtig.» So das Bekenntnis von Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann zu Beginn der Diskussion. Man wolle eine gesunde Landwirtschaft.
Und dennoch, der Bundesrat lehnt sie entschieden ab, die Initiative «Für Ernährungssouveränität. Die Landwirtschaft betrifft uns alle».
Die Initiative will die Agrarpolitik der letzten Jahre umdrehen. Statt mehr Wettbewerb, mehr Eigenverantwortung und weniger staatliche Eingriffe wollen die Befürworter unter anderem mehr Lenkung durch den Bund, höhere Zölle und mehr Beschäftigte in der Landwirtschaft.
Und nicht zuletzt gehört zu den 10 Punkten auch ein Gentechnologie-Verbot, das in die Verfassung festgeschrieben werden soll.
Schlagwort «rückwärtsgewandt»
Bei den Stimmberechtigten kommt die Initiative laut ersten Umfragen sehr gut an. Der Zuger Landwirt Martin Schuler (SVP) räumt denn auch ein, dass die Schlagworte der Initiative überaus «smart» seien: «Wenn ich aber genauer lese, bekomme ich Hühnerhaut, denn wir schaffen uns einen goldenen Käfig.»
Noch immer kämpfe man mit den Nachwirkungen von jahrzehntelangen Kontingentierungen und dieser Prozess sei noch nicht abgeschlossen. Schulers Fazit: «Das Konzept ist rückwärtsgewandt».
Auch für Nationalrätin Christa Markwalder wollen die Initianten in ein Zeitalter zurück, in dem Milchschwemme und Butterberge produziert worden seien.
Schlagwort «Planwirtschaft»:
Dieser Schritt zurück führt für Schneider-Ammann zu einer Planwirtschaft wie zu Sowjetzeiten, wie auch andere Gegner argumentieren.
Aber Biobäuerin Ulrike Minkner hält dagegen: «Als ich von diesem Vorwurf der Verstaatlichung, ja Sowjetisierung las, musste ich ehrlich gesagt ein wenig lachen.» Man solle ihr den Punkt in der Initiative zeigen, wo von Planwirtschaft die Rede sei.
«Höchstens noch bei der Mengensteuerung» könne man vielleicht davon reden, aber das sei nicht das gleiche wie ein Kontingent, sagt Minkner. Vielmehr erwarte man vom Bund einen Rahmen, damit kleinbäuerliche Familienbetriebe überleben könnten.
Schlagwort «gerechte Preise»:
Fabian Molina betont, dass die Initiative den Missstand beseitigen soll, dass heute Produzenten bei den Lebensmittelpreisen nicht davon leben können.
Aber nur ein Preis, von dem man leben könne, sei ein gerechter Preis, hält Balthasar Glättli fest.
Und Rudi Berli von Uniterre bringt es auf den Punkt: «Wir wollen etwas mit unserer Produktion verdienen. Wir wollen keine Steuergelder.»
Schlagwort «teurere Preise»:
Nationalrätin Viola Amherd warnt hingegen, dass die Regulierungen zu höheren Preisen führen würde: «Das kann sich aber nicht jeder Haushalt leisten.»
Auch Markwalder doppelt nach: «Die Initiative ist brutal asozial, denn höhere Lebensmittelpreise schaden am meisten den Familien mit tiefen Einkommen.»
Schlagwort «Einfuhrzölle»:
Zu höheren Preisen würden auch Einfuhrzölle und Importbeschränkungen bei landwirtschaftlichen Produkten führen. Mit zusätzlichen Zöllen sollen zudem jene ausländischen Erzeugnisse belegt werden, die nicht den schweizerischen Normen entsprechen.
Dies verstösst aber laut Bundesrat gegen internationale Handelsabkommen. Und dies, so Schneider-Ammann, würde der gesamten Wirtschaft schaden: «Wir können keine Politik für ein spezifisches Segment machen. Wir brauchen eine Offenmarktpolitik für die Exportindustrie, die jeden zweiten Franken verdient.» Und jeder Franken davon werde daheim umverteilt, was auch der Landwirtschaft zugute käme.
Schlagwort «mehr Bauern»:
Laut der Initiative soll der Bund auch vorschreiben, dass in der Landwirtschaft wieder mehr Menschen arbeiten sollen. Zudem sollen schweizweit die gleichen Arbeitsbedingungen auf Bauernhöfen vorgeben werden. «Es braucht so viele Leute, wie es für die Produktion halt braucht», sagt dazu Viola Amherd, und das würden angesichts der neuen Technologien auch immer weniger Leute sein.
Zu diesen Technologien gehört nicht zuletzt die Gentechnologie, welche die Initianten verbieten wollen.
Schlagwort «Gentech-Verbot»:
«Gentechnik ist gefährlich und wir sind uns einige, dass wir das in der Schweiz nicht wollen», begründet Minkner das populäre Anliegen eines Gentech-Verbots – welches noch auf die Initiative «drauf gepackt wurde», wie es Moderator Jonas Projer zugespitzt bezeichnet.
Auf den Einwand von Schneider-Ammann, dass mit dem Gentech-Moratorium faktisch ein Verbot bestehe, entgegnet Minkner, es sei mühselig, das Moratorium alle vier Jahre zu verlängern. Und Glättli ergänzt, es gebe zudem eine Tendenz zu mehr Gentechnologie.
Mit einem Festschreiben des Verbots in der Verfassung wäre man aber «gefangen», gibt Schneider-Ammann zu bedenken. Man wolle sich für die Zukunft die Flexibilität erhalten. Denn, so pflichtet Schuler bei, es gebe auch nützliche Gentechnologie.