Viele denken, dass nur die Nationalbank Geld schöpfen darf. Doch in Tat und Wahrheit schöpfen ganz normale Banken den grössten Teil unseres Geldes. Die Vollgeld-Initiative will das ändern. Demnach soll nur noch die SNB Geld schöpfen dürfen. Die Initianten versprechen sich davon mehr Sicherheit.
Bundesrat Ueli Maurer hingegen glaubt nicht, dass mit der Vollgeld-Initiative das System besser funktionieren würde. «Das System würde teurer. Wenn ich Geld will, es würde schwerfälliger und man kann es weniger gut steuern.»
Sorge bereitet ihm auch, dass das System noch nicht erprobt ist. «Wir wären das einzige Land auf der Welt, die das so machen würden», hält der Finanzminister fest. «Wenn wir solche Risiken eingehen, dann schüttelt die Welt den Kopf. Ich bin nicht gerne Versuchskaninchen – nicht wegen der Banken, sondern wegen der Bürger. Diese zahlen am Schluss die Zeche, wenn es nicht klappt.»
Finanzminister Maurer spricht sowohl der Nationalbank als auch den Geschäftsbanken diesbezüglich sein Vertrauen aus. «Sie machen beide einen hervorragenden Job. Geschäftsbanken machen das gut, weil das Risiko diversifiziert ist. Es existiert ein Wettbewerb, jeder schaut auf den anderen und keiner geht unnötige Risiken ein.» Er befürchtet, dass mit der Initiative ein Klumpenrisiko einhergeht.
Raffael Wüthrich vom Komitee Vollgeld-Initiative widerspricht Maurers Einschätzung. Seiner Meinung nach ist das jetzige System das Versuchskaninchen. «Negativzinsen wie es sie heute gibt, hat es bisher noch nie gegeben. Auch, dass die Geldmenge derart ausgeweitet wurde. «Wir sind in einer unglaublichen Verschuldung, das hat es historisch noch nie gegeben.»
Die Geldmenge in der Schweiz wachse seit Jahrzehnten stärker als die Wirtschaftsleistung. «Das heisst, dass es zuviel Geld gibt und dieses in irgendwelche Blasen fliesst. Und die platzen früher oder später. Dann müssen wir als Bevölkerung, als Steuerzahler Banken retten, die sich verspekuliert haben mit selber geschaffenem Geld.»
«Wir wollen mit der Vollgeld-Initiative zurück zu einem vernünftigen, sinnvollen und auch nachvollziehbaren System, das der Allgemeinheit dient, und nicht nur den Geschäftsbanken», fasst Wüthrich das Anliegen der Initiative zusammen.
Hat sich das heutige System bewährt?
Ständerat Pirmin Bischof (CVP/SO) kann der Initiative hingegen nichts Positives abgewinnen. Diese bringe nur ein hohes Schädigungsrisiko. Er sieht in dem Anliegen nur «ein lustiges Hirngespinst». Das Risiko ausbaden müssten dann die Sparer, die Arbeitnehmer und Leute, die einen Kredit brauchten.
«Wir haben heute ein System, das weltweit gleich praktiziert wird, das eigentlich gut funktioniert», so Bischof. «Unser Mixsystem, Geldschöpfung durch die SNB und Geldschöpfung durch die Privatbanken, funktioniert hervorragend und führt zu guten Zinsen für die Sparer und zu günstigen Krediten.
Dem pflichtet Ueli Maurer zu. «Unser Wohlstand beweist, dass das System in der Vergangenheit sehr wohl funktioniert hat. Hätten wir nicht so ein gutes Bankensystem, welches die Wirtschaft adäquat mit Finanzen versorgen würde, dann ginge es uns nicht so gut.»
Martin Alder vom Komitee Vollgeld-Initiative stellt die Funktionstüchtigkeit des heutigen Systems aber vehement infrage. «Man kann nicht im Ernst behaupten, dass das System super funktioniert. Herr Maurer ist immer am ‹herumdoktern› mit neuen Regelungen und man hofft dann, das diese funktionieren. Das ist doch genau ein Zeichen, dass es nicht funktioniert.»
«Geldschöpfung dient nicht dem Geldverdienen»
Rudolf Minsch, Chefökonom Economiesuisse, hält fest, dass Geldschöpfung «kein Geschenk ist, dass die Banken erhalten». «Sie schaffen damit kein Eigenkapital. Das ist immer eine Schuld, wo ein Guthaben gegenüber steht. Und folglich wird niemand reicher deswegen. Es ist nicht so, dass die Banken durch die Geldschöpfung Geld verdienen würden. Sie verdienen nachher mit den Zinsdifferenzen.»
Dieses Argument lässt Martin Alder jedoch nicht gelten. Eine Geschäftsbank könne doch ohne weiteres Assets kaufen mit dem selber geschöpftem Geld. «Das ist ein gewaltiger Vorteil für die Banken gegenüber den Unternehmen die keine Banken sind und die das Geld zuvor beschaffen müssen, bevor sie es einsetzen können. Das ist eine Verzerrung im Markt per excellence.»
Debatte über den Nutzen für den Bürger
Laut Raffael Wüthrich würde man als Kunde bei Annahme der Initiative von heute auf morgen nichts merken. «Aber wenn wieder eine Finanzkrise kommt und eine Bank wieder gerettet werden müsste, dann wäre unser Geld sicher. Man könnte künftig, rein theoretisch, Banken Konkurs gehen lassen und das Geld auf unserem Konto wäre trotzdem sicher, der Zahlungsverkehr wäre weiterhin gewährleistet. Und das ist doch ein riesiger Fortschritt für die Kunden.»
Mit der Initiative habe der Kunde eine Wahl, so Wüthrich. «Entweder will er sein elektronisches Geld bombensicher auf einem Vollgeld-Konto halten. Wenn dann die Bank Konkurs geht ist das Konto sicher. Oder er will einen Zins für sein Geld. Dann transferiert er sein Geld von seinem Vollgeldkonto auf ein Sparkonto. Dort bekommt er einen Zins als Risikoprämie, denn es könnte auch schief gehen, weil die Bank sich mit dem Spargeld auch verspekulieren könnte oder Konkurs geht.»
Gratis-Geld bei Annahme der Initiative?
Zum Schluss der Sendung wird darüber gesprochen, was die Initiative sonst noch verspricht: Gratisgeld. Denn bei Annahme der Initiative schöpft neu alleine die SNB Geld – Papiergeld und elektronisches Geld. Zumindest zum Teil würde die Nationalbank dieses Geld verschenken. Das Geld würde an den Bund und an die Kantone verteilt – oder sogar direkt an die Bürger.