Der zehnjährige Noah ist Autist, leidet unter Ängsten und Zwangsstörungen. Dazu gehört auch, dass ihn die Welt draussen oft irritiert. «Noah ist schnell überfordert und rastet aus», erklärt seine Mutter Daiana Barry im «Kassensturz», «er leidet sehr.»
Um Noahs Lebensqualität zu verbessern, möchte sie einen Autismus-Begleithund anschaffen. Schon viele betroffene Kinder konnten von einem solchen Hund profitieren. Er hilft ihnen zum Beispiel beim Überqueren der Strasse oder sorgt dafür, dass sie in einem unbeobachteten Moment nicht weglaufen.
Ronnie Gundelfinger, Leiter der Kinder-Autismus-Stelle des Universitätsspitals Zürich, sieht in den vierbeinigen Helfern eine Bereicherung: «Das Tier ermöglicht eine Kommunikation ohne Sprache und kann so für autistische Kinder neue Möglichkeiten eröffnen. Ausserdem kann der Hund das Kind nach draussen begleiten und Sicherheit geben.» Der Experte ist sicher, auch Noah könnte profitieren.
Vermieterin findet Gespräch nicht nötig
Wäre da nicht die Vermieterin. Die Baugenossenschaft Halde in Zürich-Altstetten verbietet die Hundehaltung. Trotz ärztlichem Attest gibt es keine Ausnahmebewilligung für einen Begleithund. Schon vier Anträge hat die Genossenschaft abgeschmettert. Auch die Assistenzhund-Vereinigung Swisshelpdogs setzte sich für die Familie ein, und seit einem Jahr verhandelt ein Anwalt mit der Vermieterin. Ohne Erfolg.
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Daiana Barry kann diese Sturheit nicht nachvollziehen: «Ich verstehe das allgemeine Hundeverbot, aber unsere Situation ist doch speziell!» Sie sei auch bereit, mit der Verwaltung zu sprechen, aber da passiere nichts. Ein Umzug ist für die Familie schwierig, da das für Noah grossen Stress bedeuten würde.
Die Baugenossenschaft Halde nimmt gegenüber «Kassensturz» nur schriftlich Stellung: «Die Ablehnung begründen wir mit dem generellen Hundeverbot der Baugenossenschaft Halde. Das Anliegen der Mieterin wurde in diversen Zuschriften ausgeführt und wir haben dazu Stellung genommen.» Erst nach der Intervention von «Kassensturz» will die Genossenschaft die Mieterin nun doch wenigstens einmal persönlich anhören.
Schutz vor Diskriminierung von Behinderten noch nicht im Mietrecht umgesetzt
Leider ist es aber so: Vermieter können kaltschnäuzig Anträge für einen Assistenzhund ablehnen. Das weiss auch Rechtsanwalt Severin Bischof. Als Muskelkranker ist er selbst auf eine Assistenzhündin angewiesen, und als Vertrauensanwalt von Swisshelpdogs kennt er die Abhängigkeit von Vermietern: «Ist die Hundehaltung in der Hausordnung verboten, bleibt nur, bei der Vermieterin anzufragen, ob es eine Ausnahmebewilligung gibt.»
Auch Blinde haben in der Schweiz nicht das Recht, einen Blindenführhund in eine Mietwohnung zu holen. Das widerspreche eigentlich der Behindertenrechtskonvention, welche die Schweiz ratifiziert hat, kritisiert Severin Bischof. «Im Sinn der UNO-Behindertenrechtskonvention ist das eine indirekte Diskriminierung, die eigentlich nicht toleriert wird.»
Doch die Schweiz hat diesen Schutz vor Diskriminierung von Behinderten noch nicht im Mietrecht umgesetzt. Und somit ist traurig, aber wahr: Noah und seine Familie bleiben vom Goodwill der Genossenschaft Halde abhängig. Die Mutter hofft, dass sich doch noch etwas bewegt und sie damit beginnen kann, Geld für einen Autismus-Begleithund zu sammeln. Denn dieser kostet rund 30'000 Franken.