Ob Thunfisch mit Konservierungsmitteln, Fleisch von kranken Tieren, oder Rapsöl, das als Olivenöl verkauft wird: Bei Lebensmitteln wird weltweit in grossem Stil betrogen. In der Schweiz kontrollieren die Kantone die Lebensmittel.
«Wir hatten einmal einen interessanten Fall», sagt Silvio Arpagaus, Kantonschemiker in Luzern und Mitglied der Eidgenössischen Kommission für Konsumentenfragen. «Ein teurer italienischer Wein kam in die Schweiz. Wir haben herausgefunden, dass gar nicht jener Wein in der Flasche war, der eigentlich drin sein sollte.»
Unentdeckte Fälle in der Schweiz?
Martina Munz (SP/SH) setzt sich für einwandfreie Lebensmittel ein. «In der EU bekämpft man seit zwei Jahren den Lebensmittelbetrug schärfer. Seither fliegen viel mehr Fälle auf», sagt die Nationalrätin. «Ich bin sicher, wir sind in der Schweiz auch von Lebensmittelbetrug betroffen. Uns fehlen aber die entsprechenden Gesetze. Wir sollten jetzt handeln.»
In der Europäischen Union brachte der Pferdefleisch-Skandal im Jahr 2013 die Wende. Sie verschärfte die Gesetze. Bei Betrug informieren sich die EU-Mitgliedsstaaten jetzt gegenseitig – letztes Jahr in über 300 Fällen, das sind ein Fünftel mehr Fälle als im Jahr zuvor.
Mehr Austausch zwischen Behörden
Arpagaus wünscht sich einen einfacheren Austausch mit der EU und im Inland. «Es braucht eine Zusammenarbeit zwischen den Behörden. Sei es mit uns von der Lebensmittelkontrolle, die Einblick in die Lebensmittelproduktion haben, oder mit polizeilichen Einheiten. Oder solchen, die mit Wirtschaftsdelikten und Finanzströmen vertraut sind.»
Punktuell arbeitet die Schweiz schon heute mit der EU zusammen. Martina Munz will mehr solche Untersuchungen und hat einen entsprechenden Vorstoss eingereicht. Nur mit schärferen Gesetzen könne man professionelle Betrüger bekämpfen. «Die Lebensmittelbetrüger sind mafiöse Banden, die international organisiert sind. Darum ist es klar, dass die Schweiz auch für sie ein Zielland ist.»
Lebensmittelbetrüger sind mafiöse Banden, die international organisiert sind.
Im Parlament gibt es aber Gegenwind gegen den Vorstoss – vonseiten der SVP. Nationalrat Andreas Glarner (SVP/AG) ist der Meinung: «Wir haben in der EU ein paar Fälle und wie immer nimmt die linke Ratshälfte es als gegeben an, dass in der Schweiz das Gleiche passiert. Und dass man da wieder aufpassen müsse, neue Gesetze machen müsse, Personal einstellen, Konferenztourismus einführen müsse. Das wollen wir nicht.»
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
Glarner will bald selbst ins Geschäft einsteigen – mit einer Weinhandlung. «Wenn sie die richtigen Lieferanten haben, dann passiert ihnen das gar nicht», glaubt er. «Auch da gilt wieder: Wer immer auf der Suche nach der günstigsten Ware ist, der wird irgendwann betrogen.»
Doch Munz sagt dazu: «Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Und gerade im Weinhandel weiss man, dass in grossem Stil betrogen wird und gerade dort sind Kontrollen wichtig.» Und Arpagaus ist überzeugt: «Lebensmittelbetrug schadet den Konsumentinnen und Konsumenten. Sie bekommen nicht das, wofür sie bezahlen. Letztlich nimmt die ganze Branche Schaden. Schaden in Form von Vertrauensverlust.»
Lebensmittelbetrug schadet den Konsumentinnen und Konsumenten. Sie bekommen nicht das, wofür sie bezahlen.
Der weltumspannende Handel mit Lebensmitteln ist sensibel. Denn am Ende landen die Nahrungsmittel auf unseren Tellern. Geht es nach dem Nationalrat, muss die Schweiz aktiver gegen Betrug vorgehen. Er hat die Motion mit 118 Ja- zu 64 Nein-Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. Auch der Bundesrat unterstützt den Vorstoss.