Das Wichtigste in Kürze
- Unseriöse Finanzsanierer versprechen, die Geldsorgen unkompliziert zu beseitigen.
- Stattdessen hinterlassen sie Betroffene mit noch mehr Schulden.
- «Kassensturz»-Recherchen zeigen: In der Schweiz haben Geschädigte so Millionen verloren.
- In 13 Kantonen ermitteln die Behörden, unter anderem wegen Betrugs. Jetzt soll die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernehmen.
Der Vorwurf ist happig: In mehreren Kantonen ermitteln die Behörden unter anderem wegen gewerbsmässigen Betrugs. So läuft die Masche: Im Internet richten sich die selbsternannten «Finanzsanierer» an Menschen, die Geldsorgen haben. Sie versprechen etwa eine «Kreditalternative für Schulden», Anträge würden «sofort» bearbeitet. Die Hoffnung auf eine einfache Lösung, auf einen Kredit, verleitet viele zu einem raschen Klick.
Doch statt eines Kredits oder einer seriösen Schuldenberatung erhalten die Geschädigten Rechnungen, die sie zuerst bezahlen sollen: Gebühren für die Vermittlung und die «Finanzsanierung».
Der St. Galler Anwalt Simon Epprecht kennt zahlreiche Kreditsuchende, die so in die Falle getappt sind und bezahlt haben. Er sagt, sie würden getäuscht: «Die Firmen nennen etwa auf Ihrer Homepage Schlagwörter wie Finanzsumme oder Ratenzahlung. Betroffene gehen davon aus, es handle sich um ein seriöses Angebot.» Viele merken erst, nachdem sie mehrere Tausend Franken bezahlt haben, dass sie keinen Kredit bekommen werden und nur ihren Schuldenberg erhöht haben.
Die Anzahl der potentiell geschädigten Personen kann nur annähernd geschätzt werden. Diese Anzahl dürfte sich aber auf mehrere tausend Personen belaufen.
Internationales Ausmass
Die Schadenssumme geht schweizweit in die Millionen. Das schreibt die Staatsanwaltschaft Thurgau auf Anfrage von «Kassensturz»: «Die Anzahl der potentiell geschädigten Personen kann nur annähernd geschätzt werden. Diese Anzahl dürfte sich aber auf mehrere tausend Personen belaufen.» Derzeit ermitteln die Behörden in 13 Kantonen gegen diverse Firmen. Mittlerweile haben die Kantone aufgrund des Ausmasses die Bundesanwaltschaft aufgefordert, die Ermittlungen zu übernehmen.
Recherchen von «Kassensturz» zeigen: Das wahre Ausmass ist noch grösser. Dies belegt das Beispiel der Firma Topmoney und deren Verantwortlichen. Auch gegen diese Firma wird in mehreren Kantonen ermittelt, darunter Zürich und St. Gallen. Über Topmoney haben sich zahlreiche Zuschauer beschwert. Viele Geschädigte haben die Firma auch betrieben, um Geld zurückzuerhalten.
Briefkastenfirmen stecken dahinter
Hinter Topmoney steckt Thomas Walter Schmutz, Geschäftsführer der Mutterfirma Top AG im englischen Manchester. Die Firmenadresse entpuppt sich als eine Briefkastenfirma. Thomas Walter Schmutz betreibt an der gleichen Adresse weitere Firmen, die dort ebenfalls nur einen Briefkasten haben.
Diese Firmen sind in Deutschland negativ aufgefallen. Im bayerischen Karlstadt arbeitet Schuldnerberater Christian Maltry, der ganze Netzwerke von dubiosen Finanzsanierern aufgedeckt hat.
Die Masche der «Schmutztruppe»
Christian Maltry findet klare Worte: «Diese Firmen haben sich darauf spezialisiert, den Ärmsten noch ein paar hundert Euro aus der Tasche zu ziehen, indem sie Versprechen machen, die sie nicht einhalten. Letztendlich wird man viele dieser Angebote als kriminell qualifizieren müssen.» Der Experte schätzt, solch unseriöse Anbieter von Finanzsanierungen hätten in Deutschland einen Schaden von rund 150 Millionen Euro verursacht.
Christian Maltry untersuchte viele unseriöse Anbieter. Eine zentrale Figur hinter diesen Netzwerken in Deutschland: Thomas Walter Schmutz. Bereits 2007 habe Thomas Walter Schmutz Kreditsuchende in Deutschland mit teuren Telefonhotlines das Geld aus der Tasche gezogen. Dann kam die Masche mit den Internetangeboten zur Kreditvermittlung, erklärt Christian Maltry: «Die Schmutztruppe ist damit aufgefallen. Tatsächlich ist aber kein einziger Kredit vermittelt worden. Tatsächlich ist auch keine sinnvolle Finanzsanierung erbracht worden.»
Hilfreiche Links:
Abzocke auch in Österreich
Auch in Österreich hinterliessen die Firmen von Thomas Walter Schmutz zahlreiche Geschädigte. Und auch hier haben die Behörden schon ermittelt gegen Thomas Walter Schmutz. Die Staatsanwaltschaft Wien hat vor Kurzem ein Verfahren wegen Betrugs eingestellt.
Für «Kassensturz» ist Thomas Walter Schmutz nicht zu sprechen. Durch seine Anwältin lässt er ausrichten: «Dem Geschäftsführer der Top AG Ltd. ist kein einziger Fall bekannt, in dem die von der Top AG Ltd. vermittelten Vertragspartner (Finanzsanierungsinstitute) ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen wären.»
Die Webseite wurde explizit im Hinblick auf allfällig irreführende Aussagen überprüft und auch bearbeitet. Wer tatsächlich meint, er bekomme einen Kredit vermittelt, sollte das Angebot der Webseite richtig lesen.
Zum Vorwurf der Täuschung durch den Internetauftritt schreibt der Topmoney-Chef: «Die Webseite wurde explizit im Hinblick auf allfällig irreführende Aussagen überprüft und auch überarbeitet. Wer tatsächlich meint, er bekomme einen Kredit vermittelt, sollte das Angebot der Webseite richtig lesen.»
Zur Tätigkeit in Deutschland lässt Thomas Walter Schmutz ausrichten, er sei bis 2008 in der Schweiz angestellt gewesen.
Zu den laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaften will sich Herr Schmutz nicht äussern. Es gilt die Unschuldsvermutung.