Um die 700 Schweizer Ehepaare adoptierten in den 1980er- und 1990er-Jahren ein Baby aus Sri Lanka.
Sie wurden teils mit gefälschten Papieren oder unvollständigen Dokumenten zur Adoption freigegeben, aus Heimen und Spitälern gestohlen oder sogar auf einer «Baby-Farm» extra für die Eltern aus Europa gezeugt. Spätestens Ende 1981 waren die Behörden von Bund und Kantonen im Bild, stoppten aber die Adoptionsvorgänge nicht.
Leid kann nicht rückgängig gemacht werden
Justizministerin Karin Keller-Sutter sagte dazu heute vor den Medien: «Das sind klare und aus heutiger Sicht unverständliche Versäumnisse und Verfehlungen der eidgenössischen und der kantonalen Behörden. Der Bundesrat anerkennt, dass diese Versäumnisse und Verfehlungen bei den Betroffenen viel Leid verursacht haben, das nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.»
Das sind klare und aus heutiger Sicht unverständliche Versäumnisse und Verfehlungen der eidgenössischen und der kantonalen Behörden.
Bedauern im Namen des Bundesrats
Sie habe letzte Woche zwei betroffene Frauen getroffen und gehört, wie wichtig es für diese wäre, die leibliche Mutter zu kennen und welches Leid sie und all die anderen Adoptierten auf diesem Weg erfahren hätten: «Dafür spreche ich den Betroffenen und ihren Familien heute im Namen des Bundesrates ausdrücklich unser Bedauern aus.»
Es bleibt aber nicht nur dabei: Betroffene sollen bei der Suche ihrer leiblichen Eltern unterstützt werden. Bereits hatte die kantonale Konferenz der Justizdirektorinnen und -direktoren ihre Mitglieder aufgerufen, für die Herausgabe von Adoptionsdokumenten keine Gebühren zu verlangen.
Keller-Sutter spricht Adoptionen aus Indien an
Der Bundesrat will internationale Adoptionen weiter aufarbeiten. So wurden laut Bundesrätin Keller-Sutter dreimal mehr Kinder aus Indien adoptiert als aus Sri Lanka. Eine Expertengruppe soll zudem die heutige Adoptionspraxis umfassend analysieren – und wenn nötig – auch Gesetzesänderungen vorschlagen, so Keller Sutter: «Es geht darum, die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen. In Zukunft muss immer das Wohl des Kindes im Zentrum einer internationalen Adoption stehen.»
Ein «erster Meilenstein»
Sehr zufrieden damit ist Sarah Ramani Ineichen. Sie ist Gründerin und Präsidentin des Vereins «Back to the roots», der diesen Stein ins Rollen gebracht hatte: «Für uns ist es ein sehr grosser und wichtiger Tag, ein erster Meilenstein. Es bedeutet uns viel, dass die Schweiz als erstes Land das geschehene Unrecht gegenüber uns adoptierten Personen und unseren Familien aus Sri Lanka anerkennt.»
Es bedeutet uns viel, dass die Schweiz als erstes Land das geschehene Unrecht gegenüber uns adoptierten Personen und unseren Familien aus Sri Lanka anerkennt.
Ramani Ineichen hofft, dass nun auch andere Länder nachziehen und ihre Adoptionen aufarbeiten. Denn nicht nur Schweizer Eltern erhielten Babys aus Sri Lanka. Das Geschäft mit dem Kinderwunsch war ein internationales.