Im «Fall Hildebrand» wurde das Bankgeheimnis verletzt: Das Bezirksgericht Zürich hat den ehemaligen IT-Mitarbeiter der Bank Sarasin, der die Affäre ins Rollen gebracht hatte, sowie den Thurgauer SVP-Kantonsrat und Anwalt Hermann Lei für schuldig befunden. Wie von der Staatsanwaltschaft beantragt, bleibt es in beiden Fällen bei bedingten Strafen. Sie fallen allerdings wesentlich milder aus.
Lei wurde wegen Gehilfenschaft zur Verletzung des Bankgeheimnisses und wegen versuchter Verletzung des Bankgeheimnisses verurteilt. Er erhält eine bedingte Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 340 Franken bei einer Probezeit von zwei Jahren. Der Ex-Bankmitarbeiter – er war bei der Urteilsverkündung nicht anwesend – erhielt wegen mehrfacher Verletzung des Bank- und Geschäftsgeheimnisses eine bedingte Geldstrafe von 45 Tagessätzen à 30 Franken mit einer Probezeit von ebenfalls zwei Jahren.
Milde Strafe wegen «ideeller Motive»
Die mildere Strafe für den Bankmitarbeiter begründete der Einzelrichter damit, dass dieser nur ideelle Motive gehabt habe. Lei hingegen habe sich zusätzlich auch «einen Sprung in seiner politischen Karriere» erhofft.
Die Schuldsprüche sind noch nicht rechtskräftig. Beide Verurteilten können das erstinstanzliche Urteil vor dem Zürcher Obergericht anfechten. Die Staatsanwaltschaft hatte für Lei eine bedingte Geldstrafe von 16'500 Franken und für den Ex-Bankangestellten eine bedingte Freiheitsstrafe von 12 Monaten gefordert.
Freispruch für Richter keine Option
Die Verteidigung hatte in beiden Fällen auf Freispruch plädiert. Dies kam für den Zürcher Einzelrichter aber nicht in Frage. Einen aussergesetzlichen Rechtfertigungsgrund für die Verletzung des Bankgeheimnisses gebe es nicht.
Beiden Beschuldigten hätten andere und bessere Wege offengestanden, um die Affäre an die Öffentlichkeit zu tragen. Der Bankmitarbeiter hätte sich an bankinterne Stellen wenden müssen, Lei an die Aufsichtsbehörde der Schweizerischen Nationalbank, sagte der Richter.
Das Vertrauen in den Rechtsstaat ist erschüttert.
Beide Verurteilte machten vor Gericht geltend, sie hätten das Bankgeheimnis nicht verletzt, und schoben sich gegenseitig die Schuld zu. Sein Mandant habe von Lei lediglich wissen wollen, ob er etwas unternehmen müsse oder nicht, hatte der Verteidiger des Ex-Bankangestellten argumentiert; Lei habe ihn dann aber unter Druck gesetzt, die Daten weiterzugeben. Umgekehrt sagte Leis Verteidiger, der Ex-Bankangestellte habe die Dokumente unbedingt veröffentlichen wollen. Lei selber erklärte, der Urteilsspruch erschüttere das Vertrauen in den Rechtsstaat: «Wer eine Untat begeht, steht gut da, und wer Missstände aufdeckt, wird bestraft.»
Verteidiger prüfen Weiterzug
Leis Anwalt hat gegen das Urteil bereits Berufung angemeldet. Der Anwalt des ehemaligen Bankangestellten will das Urteil vorerst prüfen. Weitere Verfahren in der Affäre Hildebrand sind nicht mehr hängig: Die Staatsanwaltschaft hat gegen Hildebrand kein Verfahren wegen Insidergeschäften eröffnet. Und die Verfahren gegen Christoph Blocher und andere Politiker im Zusammenhang mit der Bankgeheimnisverletzung wurden bereits vor geraumer Zeit eingestellt.