Der Ständerat empfiehlt die Volksinitiative der Gewerkschaften «AHVplus: für eine starke AHV» mit 33 zu elf Stimmen bei einer Enthaltung zur Ablehnung.
Das von SP und Grünen unterstützte Begehren verlangt den Ausgleich der kalten Degression seit 1980. Wenn ein angemessenes Leben mit AHV-Rente und Pensionskasse nicht garantiert sei, werde der Verfassungsauftrag nicht mehr erfüllt.
Die Gegner der Vorlage machen vor allem geltend, dass das Projekt nicht finanzierbar sei. Es widerspreche aber auch der Generationen-Gerechtigkeit. Und es stehe nicht zuletzt auch mit Blick auf die anstehende Reform Altersvorsorge 2020 des Bundesrats quer in der Landschaft.
Wirtschaft hat schon genug Probleme
Der Initiative fehle der politische Boden der Realität, sie sei ein «Hors-sol-Produkt», warf Konrad Graber (CVP/LU) in die Debatte. Die Wirtschaft ächze unter der Frankenstärke und der Masseneinwanderungsinitiative, der Bundeshaushalt sei mit Sparpaketen konfrontiert: Wie kann man da ernsthaft eine zehnprozentige Erhöhung fordern, wenn die Altersvorsorge grösste Mühe hat, die Finanzierung auf bisherigem Niveau zu sichern? Die Initiative sei «irgendwie aus der Zeit gefallen», doppelte Karin Keller-Sutter (FDP/SG) nach.
Der Initiative fehlt der politische Boden der Realität. Sie ist ein ‹Hors-sol-Produkt›.
Urs Schwaller (CVP/FR) forderte eine rasche Abstimmung über AHVplus, um eine klare Ausgangslage für AHV und zweite Säule zu schafffen. Die Ablehnung der Initiative sei Voraussetzung für die Reform 2020: «Der Generationenvertrag in der Sozialversicherung darf nicht überstrapaziert werden», warnte Schwaller.
Alex Kuprecht (SVP/ SZ) störte sich unter anderem daran, dass der geforderte Zuschlag von zehn Prozent auch an jene Wohlhabenden ginge, die gar keine AHV-Rente benötigten. Der Gewerkschaftsbund wolle den Werktätigen noch mehr aufbürden und bestrafe mit höheren Lohnbeiträgen auch die Arbeitgeber», kritisierte sein Schwyzer Parteikollege Peter Föhn. Das Vorgehen der Initianten sei ein Widerspruch in sich.
Die Kosten betragen weniger als vier Lohnpromille für Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
SGB-Präsident Paul Rechsteiner (SP/SG) zeigte sich überzeugt, dass die sich Schweiz eine Rentenverbesserung leisten könne, auch wenn dies zusätzliche Kosten bedeute. Auch sei die AHV bezüglich Demographie äussert solide finanziert.
Es gehe nicht an, in der Altersversorgung einfach die Ergänzungsleistungen zu verstärken, auch wenn diese eine segensreiche Einrichtung etwa bei Pflege und Arbeitslosigkeit seien: «Wer aber ein Leben lang normal gearbeitet hat, soll nicht auf Ergänzungsleistungen angewiesen sein.»
Den Einwand, hohe Einkommen bräuchten keine Verbesserungen, erwiderte Rechsteiner mit den Worten des früheren Bundesrats und Vaters der AHV, Hans-Peter Tschudi: «Die Reichen brauchen die AHV nicht, aber die AHV braucht die Reichen.»
Kritik an der Agenda
Rechsteiner (SP/SG) bemerkte, dass hier so etwas wie eine «Vorrunde» der Reform 2020 gespielt werde. Die Initianten hätten nach seinen Worten eine gemeinsame Behandlung von Volksbegehren und Altersreform 2020 begrüsst.
Auch SP-Präsident Christian Levrat bedauerte, dass die Initiative separat diskutiert werde, obwohl sie komplementär zum Projekt des Bundesrats sei. Das taktische Manöver der Kommission mit dem Vorziehen der Initiative schade der Qualtität der Debatte. Auch Pascale Bruderer (SP/AG) kritisierte die fehlende gleichzeitige Auslegeordnung.
Umfassende Lösung dank Altersreform 2020
Die Annahme der Initiative hätte gemäss Landesregierung zur Folge, dass die Ausgaben der AHV um jährlich vier Milliarden Franken ansteigen würden, bis Ende 2030 sogar um 5,5 Milliarden Franken. Die Probleme der AHV wegen der demografischen Entwicklung würden dadurch noch verstärkt.
Der Bundesrat will deshalb eine umfassende Reform, wie Sozialminister Alain Berset erinnerte. Dazu ist unter anderem vorgesehen, die Mehrwertsteuer bis 2030 um maximal 1,5 Prozentpunkte zu erhöhen.
Das Geschäft geht nun an den Nationalrat.
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