Es ist eine Überraschung: Die AHV-Steuervorlage scheint grosse Teile der Stimmbevölkerung (noch) nicht richtig zu überzeugen, der Ausgang fünf Wochen vor der Abstimmung bleibt völlig offen. Dabei war das Parlament überzeugt, endlich den «perfekten Kompromiss» gefunden zu haben.
Sozial verträglicher?
Auf internationalen Druck hin muss die Schweiz Steuerprivilegien für die grossen internationalen Konzerne abschaffen, die Steuerausfälle von schätzungsweise zwei Milliarden Franken im Jahr sollen dieses Mal sozial kompensiert werden, in dem jedes Jahr zwei zusätzliche Milliarden in die AHV fliessen.
Nachdem die Unternehmenssteuerreform III vor dem Volk 2017 grandios scheiterte – man übertrieb es mit zusätzlichen Abzügen für Firmen – soll dieses Mal alles sozial verträglicher und auch verdaulich für die Gemeinden ausfallen.
Kuhhandel
Doch das geschnürte Paket dieses in den Augen des Parlaments und des Bundesrates «gutschweizerischen Kompromisses» oder auch «Kuhhandels» scheint auf viel Skepsis zu stossen. Viele empfinden es als undemokratisch, dass hier zwei eigentlich sachfremde Themen verknüpft werden. Und der Steuerteil der STAF bleibt umstritten. Dass es für die internationalen Grosskonzerne neue steuerliche Abzugsmöglichkeiten braucht, damit diese nicht abwandern, ist ein Argument, das bis jetzt laut Umfrage keine Mehrheit findet.
Bundesrat in der Pflicht
Nun kommt es auf die Bundesräte an. Sie haben es in der Hand, ob eine Mehrheit der Stimmbevölkerung ins geschnürte Paket Vertrauen findet, oder ob am Schluss die Skepsis überwiegt. Bundespräsident und Finanzminister Ueli Maurer sowie Innenminister Alain Berset treten in diesen Tagen und Wochen an diversen Podien auf. Es ist sehr selten, dass sich gleich zwei Regierungsmitglieder im Abstimmungskampf engagieren, aber das zeigt die Bedeutung der Vorlage.
«Ein Bundesrat alleine kann keine Abstimmung gewinnen», sagt Ueli Maurer zur Frage, wie wichtig nun diese Auftritte in den nächsten Tagen sind. Da hat er wohl recht, aber verlieren kann er sie.
Sollte die Unternehmenssteuerreform zum zweiten Mal bachab gehen, wäre das ein Debakel für die Regierung aber auch für das Parlament, das massgeblich am Schnüren des Pakets beteiligt war. Aber verantwortlich dafür würde man wohl vor allem den Bundesrat machen.