Die Delegierten der Migros machte am Samstag den Weg frei für den Alkoholverkauf. Ein historischer Entscheid für die Migros, denn seit ihrer Gründung gilt ein Alkoholverkaufsverbot.
Die SRF-Community begrüsst diesen Entscheid mehrheitlich nicht. Eine nicht-repräsentativen Umfrage auf SRF News zeigt, dass 72 Prozent der Userinnen und User gegen den Verkauf von Alkohol in der Migros sind.
Auch die tendenziell jüngeren User auf Social Media sehen dies so. In der identischen Umfrage auf dem Instagram-Kanal von SRF News sind 71 Prozent gegen den Alkoholverkauf.
Festhalten am Migros-Grundgedanken
«Der Genossenschafts- und Sozialgedanke geht immer mehr verloren», «Dutti wird sich im Grab drehen» und «Alkoholverbot macht die Migros einmalig», so die Mehrheit der Stimmen. Offenbar schätzen viele User das Festhalten an den Grundwerten und finden die Migros darum auch sympathisch, so wie User Jonathan Batt. «Die bisherige Migros ist ein wunderbares und sehr erfolgreiches Beispiel dafür, dass man nicht alles tun muss, was man kann.»
Die Migros hat sich mit ihrer alkoholfreien Politik einen Namen gemacht. Sie hat(te) unter den Grossverteilern damit ein Alleinstellungsmerkmal.
Wie das «Blaue Kreuz» sprechen viele User auch die gesellschaftliche Verantwortung der Migros an. Sie spiele eine wichtige Rolle für Alkoholabhängige im Kampf gegen ihre Sucht. Aaron Davis findet es wichtig, «dass ehemalige Alkoholiker und Raucher, welche es sich nicht zutrauen, einem Impulskauf zu widerstehen, einen Supermarkt haben, bei welchem die Verlockung nicht so gross ist».
(Ex-)Alkoholiker*innen sollen einkaufen können, ohne getriggert zu werden.
Letztlich sehen viele User auch die Notwendigkeit nicht. Denn mit ihren Tochterunternehmen Denner und Co. habe die Migros bereits die Möglichkeit, Alkohol und Tabak zu verkaufen, oftmals auch im selben Haus. «Wenn man etwas Derartiges braucht, kann man ja schnell in den Denner», äusser sich Benjamina Rinaldi.
Die Zeiten ändern sich
Genau dieses Argument benutzt auch die Gegenseite. «Mit Denner verkauft man innerhalb der Gruppe bereits heute Alkohol. Warum nicht auch im Mutterhaus? Der heutige Zustand ist letztlich ziemlich scheinheilig», meint Lukas Beutel und fügt an, dass es Zeiten gab, da verkaufte die Migros auch keine Markenprodukte und dies wurde dann aufgelockert.
Warum nicht auch im Mutterhaus?
Weitere User finden, die Migros soll alles verkaufen dürfen, was die Konkurrenz verkauft. Instagram-Userin inessa_donna fände die Änderung praktisch. «Wäre toll nicht noch in einen zweiten Laden zu müssen.» Thomas Leu spricht die veränderten Gegebenheiten an: «Das Abstinenzgehabe stammt aus einer anderen Zeit, als Alkohol noch die Droge Nr. 1 war und, ausser Coop, kaum ernstzunehmende Konkurrenz im Lande war. Heute haben wir globalisierte Konzerne wie Aldi, Lidl, Decathlon im Nacken. Da muss man sich nicht mehr mit aus der Zeit gefallenen Selbstbeschränkungen ins eigene Knie schiessen».
So geht es weiter
Bis in den Migros-Geschäften Alkohol gekauft werden kann, dauert es noch. In einem nächsten Schritt müsste sich eine Mehrheit der Verwaltungen und Genossenschaftsräte der zehn regionalen Migros-Genossenschaften für die Neuerung aussprechen. Jene Genossenschaften, die sich für eine Statutenänderung ausgesprochen haben, müssen dann noch eine Urabstimmung durchführen.
Und da erinnert User Samuel Brülisauer an die Einzigartigkeit der Migros Genossenschaft: «Lasst uns doch einen Moment innehalten und feststellen, dass hier eines der grössten 500 Unternehmen der Welt seine Kund:innen demokratisch über diese Frage entscheiden lässt! Das ist doch das wahrlich Historische hier.»
Effektiv in die Regale käme Alkohol frühestens 2023 – und es kann je nach Region zu Unterschieden kommen.