Vor einem Jahr berichteten die SRF-Sendungen Kassensturz und Espresso über eine umstrittene Sozialhilfe-Praxis im Aargau. Einige Gemeinden zwingen Einwohnerinnen und Einwohner, für die Rückzahlung von Sozialhilfeschulden ihre Ersparnisse aus der Pensionskasse zu verwenden.
Aufgeführt wurde das Beispiel einer 61-jährigen Frau: Ihre Wohngemeinde hatte ihr die Frühpensionierung schmackhaft gemacht, damit sie sich von der Sozialhilfe lösen kann. Nach der Pensionierung hat die Gemeinde verfügt, dass die ehemalige Sekretärin mit dem Geld aus ihrer Pensionskasse die Sozialhilfeschulden zurückzahlen muss.
Dieses legale Vorgehen einiger Aargauer Gemeinden sorgte für ein grosses mediales Aufsehen. Im Rest der Schweiz ist diese Methode nicht erlaubt. Auch die Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) rät davon ab. Der zuständige Aargauer Regierungsrat Jean-Pierre Gallati sagte gegenüber SRF, die Regelung sei nicht ideal. Man prüfe eine Gesetzesänderung. Diese wurde auch im Kantonsparlament gefordert.
Die Regeln werden geändert – vielleicht
Nun will die Aargauer Kantonsregierung die SKOS-Richtlinien übernehmen und damit die bisherige Praxis verbieten. Dies schaffe Rechtssicherheit und Rechtsgleichheit, heisst es in einer Mitteilung. Die Gemeinden können sich jetzt dazu äussern, weil sie von der Änderung direkt betroffen wären.
Möglich sind drei Varianten: Wenn die Gemeinden gleicher Meinung sind wie die Regierung, wird die dazugehörige Verordnung angepasst. Wenn nicht, könnte möglicherweise das Bundesgericht die Aargauer Praxis verbieten. Ein entsprechendes Verfahren läuft.
Unklar ist die Situation, wenn das Bundesgericht die Aargauer Praxis stützt und auch die Gemeinden keine Änderung wollen. Beim zuständigen Departement will man über diese Möglichkeit nicht spekulieren.