Darum geht es: Über 120 Jugendliche zwischen 15 und 17 Jahren wurden 2022 bei einem Töffunfall schwer verletzt, zwei verloren ihr Leben. Wie die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) berichtet, sind nach der Senkung des Mindestalters für Fahrerinnen und Fahrer von 125er-Motorrädern fast doppelt so viele Jugendliche schwer verunfallt wie vor der Gesetzesänderung. Denn seit 2021 dürfen Personen ab 16 Jahren Motorräder bis 125 Kubikzentimeter Hubraum fahren.
Im Schnitt der vier Jahre vor der Regeländerung verunfallten laut BFU 56 Jugendliche schwer mit einem Töff. Damals durften 16-Jährige maximal ein 50-Kubikzentimeter-Motorrad fahren. Heute ist das bereits 15-Jährigen erlaubt.
Das sagt die BFU: Für Direktor Stefan Siegrist ist die Entwicklung der Unfallzahlen deshalb nicht überraschend, weil das Motorrad ein Gefährt mit höherem Unfallrisiko ist. Denn mit der neuen Regelung seit 2021 können 16-Jährige mit einem 125er-Motorrad bereits auf der Autobahn fahren.
Um der negativen Unfallentwicklung entgegenzuwirken, will die Fachstelle die Junglenker mit einer Kampagne dafür sensibilisieren, das Fahrverhalten zu reflektieren. Diese wurde gemeinsam mit Jugendlichen und der Föderation der Motorradfahrer der Schweiz (FMS) entwickelt. «Eine Kampagne ist gut und wird ihre Wirkung erzielen, reicht jedoch nicht, um dieses Problem gänzlich zu beheben», sagt Siegrist. Zusätzlich könne die Fahrausbildung sowie die Weiterbildung der Fahrlehrerschaft verbessert werden. Doch: «Wenn sich die Unfallzahlen weiter so entwickeln, müssen wir darüber reden, ob die Einführung dieses neuen Gesetzes richtig war.»
Befürworter relativiert: FMS-Präsident Walter Wobmann bestätigt, dass mithilfe von Kampagnen auf mehr Sicherheit hingewiesen werden müsse. Doch er relativiert die Unfallentwicklung: Da die Regelung erst seit zwei Jahren gelte, gebe es noch keine Vergleichszahlen. Die Unfallzahlen seien zudem gestiegen, weil auch mehr 125er-Motorräder gefahren werden – eine ähnliche Entwicklung sei auch bei den E-Bikes zu beobachten.
Trotzdem sei die Alterssenkung der richtige Entscheid gewesen: «Die 125er sind sichere Motorräder, weil sie einen besseren Rahmen, Bremsen und grössere Räder haben», sagt der SVP-Nationalrat.
Gegner warnte vor Alterssenkung: Anders sieht das Willi Wismer. Den Präsidenten des Zürcher Fahrlehrerverbandes erstaunen die hohen Unfallzahlen bei den 15- bis 17-Jährigen nicht. Der Verband habe bereits im Vorfeld vor der Alterssenkung gewarnt. «Wir stellen fest, dass die Lernfahrenden in diesem Alter unerschrockener und draufgängerischer sind.» Sie hätten weniger Hemmungen und seien «mutiger» unterwegs, was man auch bei den Übungen im Motorradgrundkurs sehe.
Alterssenkung als «grosser Fehler»: Auch Michael Töngi, Mitglied des Zentralvorstands des Verkehrsclubs Schweiz (VCS), ist betroffen von diesen hohen Unfallzahlen. Die Verunfallten seien vor allem junge Menschen, die noch nicht so erfahren sind. «Es war ein grosser Fehler, dass das Alter gesenkt wurde.» Töngi fordert, dass das Alter für die Nutzung von 125er-Motorrädern wieder auf 18 Jahre angehoben wird.